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Salomon-Calvi, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1929, 5. Abhandlung): Arktische Bodenformen in den Alpen — Berlin, Leipzig, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.43578#0030
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30

Wilhelm Salomon:

beschrieben waren. Es ist sehr bezeichnend, daß trotz der großen Anzahl
ausgezeichneter Geologen und Geographen, die die Alpen durchwan-
derten, der Anstoß zu der Feststellung der Feinerdebeete aus dem hohen
Norden kommen mußte. Tarnuzzer hat das Verdienst dann als erster
die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Welt darauf in den Alpen
gelenkt zu haben. Daß seine Beobachtungen einwandfrei sind, das haben
meine Begehungen und die meines Sohnes an den von ihm beschriebenen
Punkten am Vadret Lischanna und an der Fuorcla Spadla bewiesen.
Die Streifenböden, die ich sah, haben nichts mit Solifluktion zu tun.
Ich kann aber nicht ausschließen, daß andere alpine Vorkommen zu den
echten talabwärts bewegten Streifenböden gehören, vielleicht z. B. schon
die von Kinzl beschriebenen. Steingirlanden sind da, ebenso abwärts
wandernde Einzelblöcke und Blockmassen. Blockgletscher sind von
mehreren Stellen beschrieben und ähneln den amerikanischen Vor-
kommen sehr stark. Auch Fließ er de wülste scheinen vorhanden zu sein.
An dem Auftreten von Bodenbewegungen kann also gar nicht gezweifelt
werden. Aber es will mir scheinen, als ob alle diese Erscheinungen mit
einziger, aber leicht verständlicher Ausnahme der Blockgletscher in den
Alpen nicht stärker entwickelt sind als in unseren Mittelgebirgen. Und
selbst die Blockgletscher haben in diesen ihr Analogon in kriechenden
Steinbruch- und Bergwerkshalden.
Es muß daher in den periglazialen Gebieten ein Faktor vorhanden
sein, der die Bodenbewegungen verstärkt; und diesen sehe ich in der in
den Alpen innerhalb der in Betracht kommenden Regionen nur ganz-
ausnahmsweise nachgewiesenen Tjäle.
Nachtrag.
Erst nach Abschluß des vorstehenden Manuskriptes gelang es mir,
die ausführlichere Chaix sehe Abhandlung von der Königsberger Uni-
versitätsbibliothek zu erhalten. Es ist eine vortreffliche, klare und sehr
objektiv gehaltene Untersuchung mit lehrreichen Abbildungen und Kar-
ten der Blockgletscher des Schweizer Nationalparkes. Aber sie enthält
nichts grundsätzlich Neues im Verhältnis zu der im vorhergehenden Text
benützten kürzeren Abhandlung. Aus der ausführlichen Abhandlung
geht hervor, daß auch Chaix seine Blockgletscher von den Andersson-
schen Stone-Rivers der Falklandsinseln und von den Steinströmen des
Ural unterscheidet. Ich war unabhängig von Chaix zu demselben Er-
gebnis gelangt (S. 22/3). Bemerkenswert ist auch die Annahme, daß die
Beweglichkeit der Blockgletscher in erster Linie auf dem feinen Material
(boue) der alten Grundmoräne des Muttergletschers beruhe. „En dis-
 
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