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Baldus, Richard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1930, 5. Abhandlung): Zur Axiomatik der Geometrie, 3: Über das Archimedische und das Cantorsche Axiom — Berlin, Leipzig, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.43604#0007
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Zur Axiomatik der Geometrie III.

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Weiterhin erkennt man einen wesentlichen Unterschied zwi-
schen den „Strecken“, die nur auf einer, und denjenigen, die auf
mehreren Teilgeraden liegen: die ersteren (z. B. AA^ verhalten sich
gegenüber jeder ihrer Teilstrecken Archimedisch1), bei den anderen
(z. B. AB) gibt es Teilstrecken, denen gegenüber sie sich Nicht-
archimedisch verhalten, oder, mit Verwendung der Ausdrucksweise
Veroneses, die Strecken der ersten Art sind, wie man auch die
Einheitsstrecke wählt, endlich oder aktual unendlich klein, die der
zweiten Art sind, je nach der Wahl der Einheitsstrecke, aktual
unendlich groß, endlich oder aktual unendlich klein. Dasselbe
kann man auch so ausdrücken: ist eine Strecke der ersten Art
endlich, dann gibt es zwar aktual unendlich große Strecken, aber
keine aktual unendlich kleinen, ist dagegen eine Strecke der zweiten
Art endlich, dann gibt es immer auch aktual unendlich kleine und
aktual unendlich große Strecken.
5. Hier setzen nun unsere Betrachtungen ein: man kann nach
Hinzufügung des Euklidischen Parallelenaxioms (in der Fassung
Hilberts) leicht zeigen2), daß der ganze Raum Archimedisch ist,
d. h. jede Strecke sich zu jeder anderen Archimedisch verhält, wenn
entweder eine Strecke existiert, die sich zu jeder ihrer Teilstrecken
Archimedisch verhält, oder wenn eine Strecke existiert, die sich zu
jeder größeren Archimedisch verhält.
Das erste dieser Ergebnisse kann man nun in folgender Weise
auch für die absolute Geometrie gewinnen:
Gibt es, die Axiomgruppen I—III voraus-
gesetzt, eine Strecke der Länge 2 p, welche sich
zu jeder ihrer Teilstrecken Archimedisch verhält,
dann gilt dasselbe sicher auch für jede Strecke,
die kleiner als 2 p ist. Daraus kann man aber,
wie wir sofort erkennen werden, schließen, daß
sich jeder Winkel zu jedem anderen Archi¬
medisch verhält. Dabei kann man sich offenbar
auf die Betrachtung spitzer Winkel beschränken,
da man bei stumpfen Winkeln nur auf ihre Hälften zurückzugreifen
braucht. Ist nun a irgendein spitzer Winkel, Abb. 3, dann trägt
x) Wir sagen in naheliegender Weise „eine Strecke verhält sich zu einer
anderen Archimedisch“, wenn es ein Vielfaches der kleineren gibt, das die grö-
ßere übertrifft.
2) Vgl. G. II.
 
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