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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1930, 1. Abhandlung): Epeirophorese, 1 — Berlin, Leipzig, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.43605#0009
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Epeirophorese.

9

Die Zahl kann sich nach Stille vielleicht noch etwas erhöhen,
kaum erniedrigen. Auf jede der zehn tertiären orogenetischen
Phasen entfallen also mit den Pausen im Durchschnitt 5%—6%
Millionen Jahre. Das ist aber bei der äußerst langsamen Ab-
kühlung, die wir für tiefere magmatische Massen annehmen müssen,
zweifellos viel zu wenig.
Aber noch etwas anderes wird dem Leser bei diesen Ausführun-
gen auffallen. Wenn Abkühlung und darauf beruhende Kontrak-
tion die Ursache der Orogenesen wäre, sollte man erwarten, daß
die Zahl dieser letzteren im Laufe der Erdgeschichte abnähme.
Denn die erkaltete, schlecht wärmeleitende Kruste wird ja immer
dicker, der Wärmeschutz der tiefen magmatischen Massen immer
stärker, also die Kontraktion immer langsamer. Statt dessen
kommen nach den zuverlässigen Feststellungen von Stille maximal
im Paläozoikum auf eine Orogenese mit der zugehörigen Pause
36—54, im Mesozoikum 13,5—18, im Neozoikum 5%—6l/2 Millionen
Jahre. Das Tempo der vorausgesetzten Kontraktion wird also
immer rascher statt immer langsamer, für die Anhänger der Kon-
traktionslehre eine harte Nuß, aber auch für die Joly sehe Theorie
eine erhebliche Schwierigkeit.
4. Die Kontraktionslehre muß eine sehr weite Druckleitung
in den Gesteinen voraussetzen. Es ist ein bleibendes Verdienst
von Ampferer gezeigt zu haben, daß die Druckfestigkeit der Ge-
steine dazu auch nicht annähernd ausreicht.
5. Allseitiger Gewölbedruck der Erdkruste und allgemeine
Schrumpfung des Erdkernes müßte fast die ganze Erde mit
Runzeln überziehen, während eine der gewaltigsten Orogenesen,
die tertiäre, zwei lange schmale Bänder geschaffen hat, die in sich
selbst zurückkehren. Der berühmte schrumpfende Apfel sieht so
aus, wie es die Kontraktionslehre für die Erde verlangt. Die Erde
sieht anders aus. Und es dürfte selbst einem zweiten Luther
Burbank unmöglich sein einen Apfel zu züchten, der so schrumpft,
daß seine Runzeln denen der Erde entsprechen.
6. Wenn die von der Schrumpfungslehre vorausgesetzte Ab-
kühlung und Schrumpfung vorhanden wäre, so müßte die Ge-
birgsfaltung bei der geringen Druckfestigkeit der Ge-
steine dauernd im Gang sein. Die Erfahrung lehrt aber,
wie das Stille besonders scharf präzisiert hat, daß sie nur periodisch
auftritt. Es muß ihr also ein Vorgang zugrunde liegen, der erst
nach Erreichung eines gewissen Schwellenwertes Faltungen erzeugt.
 
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