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Bettmann, Siegfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1930, 8. Abhandlung): Über Modellierungen des Gefäßendabschnittes, 1: Die Beziehung der Kapillarformen der Lippe zur Physiognomie — Berlin, Leipzig, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.43607#0011
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Über Modellierungen des Gefäßendabschnittes. 11
selbst, wie die Art der Verbindung der Muskeln mit der Haut in
Betracht.
Am Orbicularis oris ist dichtes Bindegewebe nach außen und
lockereres nach innen. Im Zusammenhang damit ergeben sich
auch gegen Haut und Schleimhaut zu Verschiedenheiten der Septen
zwischen den einzelnen Muskelbündeln. Dieser Unterschied hat
zur Folge, daß sich die Innenfläche des Orbicularis oris leichter
präparieren läßt als die Außenfläche, weil die Submukosa lockerer
ist (II. Virchow).
Das hat alles gewiß mutatis mutandis auch für die Auswirkung
der Muskelbewegungen an der Schleimhaut zu gelten, wenn auch in
geringerer Stärke Es ist zu erschließen, daß auch die Schleimhaut-
gefäße gleichsinnigen, aber minder intensiven Außenmodellierungen
unterliegen als die Hautgefäße des gleichen Bereichs.
So betrachtet, lassen sich die Kapillarbilder in Abhängigkeit
von allen physiognomoplastischen Bedingungen setzen und so
ergeben sich aus ihnen für unsere Überlegungen Folgerungen und
Forderungen. Alle Verschiedenheiten der Physiognomie, die in
der unteren Gesichtshälfte hervortreten als dem am meisten aus-
drucksbestimmenden Anteil des Gesichts und speziell an der
Unterlippe als seinem mobilsten Teile, müssen ihr Aequivalent
in den Kapillarbefunden besitzen. Allerdings: wir erfassen die
Physiognomie als ein Ganzes. Dagegen gewinnen wir von
den Gefäßbefunden der Schleimhaut nur sehr beschränkte Teil-
ausschnitte, von denen keiner für jenes Ganze genügend repräsen-
tativ ist.
Was eben nicht gelingt, ist am Lebenden die topographische
„Landkarten“-Aufnähme der Schleimhautkapillaren, die ein voll-
ständiges Flächenbild ergäbe. Wir können von einem solchen
kleinen Bezirk ein Zartsein oder ein Grobsein ablesen, ein Schlaff-
sein oder ein Gespanntsein, das zunächst einzig und allein auf
Eigentümlichkeiten des Ortes selbst bezogen werden darf, und
darüber hinaus gewinnen wir doch wieder am einzelnen Gefäß
ein Hel zu feines Bild, um daraus Verwertung und Einreihung
zu gestatten. Aber immerhin: Es gibt gewisse indikatorisch ver-
wertbare Eigentümlichkeiten einer Stelle an sich und es gibt ge-
wisse verwertbare Zusammenordnungen. Gerade darum ist die
mikroskopische Flächenbetrachtung auch kleiner Bezirke so wichtig.
So kommen wir immer wieder zurück auf physiognomische Tat-
sachen und Überlegungen.
 
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