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Jänecke, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1932, 8. Abhandlung): Ist das Erdinnere fest? — Berlin, Leipzig, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.43644#0004
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Ernst Jänecke

Flüssigen. Es liegt darin, daß jedenfalls für gewöhnlich der Zustand
als fest anzusprechen sein sollte. Etwas Ähnliches wird auch gesagt
(Wien-Harms, Physik 25 II, 80) bei der Betrachtung über die Art,
wie die longitudinalen und transversalen Scherungswellen die Erde
passieren. Der Begriff flüssig ist hiernach für die Magmenzone zwar
nicht bei rascher Beanspruchung, wohl aber bei langsamen geolo-
gischen Veränderungen am Platze. Es geht also klar hervor, daß
die Ansichten darüber, ob das Erdinnere fest oder flüssig ist, noch
nicht geklärt sind. Deshalb handelt es sich zunächst einmal darum,
festzulegen, was man unter scharf Flüssig und Fest zu verstehen hat.
In Übereinstimmung mit der jetzt allgemein als richtig anerkannten
Auffassung soll der flüssige Zustand als der Zustand ungeordneter
Molekülverteilung aufgefaßt werden, der durch Wärmeaufnahme aus
dem festen durch ein Kristallgitter ausgezeichneten Zustande bei
konstanter Temperatur entsteht, wenn auch der Druck konstant ist.
Wenn sich demnach in der Natur Veränderungen vollziehen, wobei
das Kristallgitter der Stoffe bestehen bleibt, handelt es sich um
Veränderungen im festen Zustande. Vollziehen sich die Vorgänge
in Stoffen ohne Kristallgitter, so handelt es sich um Veränderungen
im flüssigen Zustande. Beides ist denkbar, wenn man von einem
,,säkularflüssigen“ Zustande spricht. Das gleichzeitige Vorkommen
beider Aggregatzustände erscheint nicht gut möglich.
Die Schichten der Erde und ihre Aggregatzustände.
In einer früheren Mitteilung über die Schrumpfung der Erde x)
ist bereits die Antwort auf die aufgeworfene Frage nach dem Ag-
gregatzustand angedeutet. Die Temperatur in der Erde wächst mit
der Tiefe. Wird die Schmelztemperatur der die Erdkruste bildenden
Stoffe unter dem hohen Druck, unter dem sie sich in der Erde
befinden, überschritten, so ist auch in entsprechender Tiefe alles
flüssig. Daß dieses wirklich so, ist wohl nicht zu bestreiten. In
der früheren Arbeit ist auseinardergesetzt worden, daß der
flüssige Zustand in einer Tiefe von etwa 100 km bei 3000° be-
ginnt. Diese Zahlenangaben sind wenigstens der Größenordnung
nach richtig. Man könnte noch einwenden, daß in dieser Tiefe der
Erddruck bereits derartig hoch wäre, daß die Verflüssigung ver-
hindert würde. Deswegen ist die Frage zu beantworten, wie hoch
ist der Druck in 100 km Tiefe? Wäre die Erdkruste flüssig, so

fl Sitzungsber. d. Heidelberger Akademie der Wissenschaften 1932, 6. Abh.
 
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