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K. Frentzen
Es liegt nahe, die bionomischen Verhältnisse und die Vorgänge
der Gesteinsbildung im Lias-<5-Meer Südwestdeutschlands mit denen
des Meeres der Posidonienschiefer zu vergleichen, das Pompeckj
(1901) in Parallele gesetzt hat zu dem Schwarzen Meer unserer
Tage. Tatsächlich weisen beide Jurameere viele gemeinsame Züge
auf. Die Schichten des Lias ö Südwestdeutschlands haben wir uns,
nach allem, was wir wissen, in einem Meeresraum entstanden
zu denken, der mit dem offenen Ozean nur in beschränkter Ver-
bindung stand. Dieser Meeresraum wurde frühzeitig gegen den
offenen Ozean abgedämmt durch rückenartige, als Barren wirkende
Aufwölbungen seines Grundes, die als Folge tektonischer Bewe-
gungen entstanden. Diese Barren unterbanden nicht ganz das
Eindringen von Lebensformen des offenen Ozeans in das süd-
westdeutsche Binnenmeer, schränkten ihn aber stark ein. Sie
waren zeitlich und örtlich verschieden stark wirksam. Das Relief
des Bodens des Binnenmeeres war unruhig. Wie für das Gebiet
zwischen Aselfingen und Aalen im einzelnen gezeigt wurde,
wechselten Mulden mit Rücken ab, die ihre Lage wiederholt
wechselten. In den Mulden sammelten sich die dem Meere zu-
geführten feintonigen Sedimente zu ausgedehnten, schnell wach-
senden Tongründen an. Die Barren gegen den offenen Ozean
und die untermeerischen Schwellen im Bereiche des Binnenmeeres
verhinderten das Eindringen ozeanischer Stömungen und führten
zu einem Stagnieren der unteren Wasserschichten der Mulden.
Die Oberflächenschichten des Lias-<5-Binnenmeeres waren reich
an nektonischem, planktonischem und pseudoplanktonischem
Leben. Im Bereiche der untermeerischen, an manchen Stellen bis
hart unter den Meeresspiegel oder zeitweilig auch über diesen
aufragenden Schwellen gediehen auch sessile Formen. Die nach
dem Tode absinkenden oder in die Mulden eingeschwemmten
Organismen verwesten am Boden. In den tieferen, stagnierenden
Wasserschichten, bis zu denen die natürliche Durchlüftung durch
die Gezeiten- und Wellenbewegungen nicht herabreichte, herrschte
Sauerstoffmangel. Der bei der Zersetzung der Organismenleichen
am Boden entstehende Schwefelwasserstoff wurde nicht mehr
oxydiert, sondern häufte sich an und machte die Tongründe zeit-
weise für ausgesprochene Bodenformen unbewohnbar. Der Wech-
sel in der petrographischen Beschaffenheit der Gesteine — das
Auftreten von Kalk- und Mergellagen zwischen den Tonen -
und die Unterschiede in der Zusammensetzung der Faunen der
K. Frentzen
Es liegt nahe, die bionomischen Verhältnisse und die Vorgänge
der Gesteinsbildung im Lias-<5-Meer Südwestdeutschlands mit denen
des Meeres der Posidonienschiefer zu vergleichen, das Pompeckj
(1901) in Parallele gesetzt hat zu dem Schwarzen Meer unserer
Tage. Tatsächlich weisen beide Jurameere viele gemeinsame Züge
auf. Die Schichten des Lias ö Südwestdeutschlands haben wir uns,
nach allem, was wir wissen, in einem Meeresraum entstanden
zu denken, der mit dem offenen Ozean nur in beschränkter Ver-
bindung stand. Dieser Meeresraum wurde frühzeitig gegen den
offenen Ozean abgedämmt durch rückenartige, als Barren wirkende
Aufwölbungen seines Grundes, die als Folge tektonischer Bewe-
gungen entstanden. Diese Barren unterbanden nicht ganz das
Eindringen von Lebensformen des offenen Ozeans in das süd-
westdeutsche Binnenmeer, schränkten ihn aber stark ein. Sie
waren zeitlich und örtlich verschieden stark wirksam. Das Relief
des Bodens des Binnenmeeres war unruhig. Wie für das Gebiet
zwischen Aselfingen und Aalen im einzelnen gezeigt wurde,
wechselten Mulden mit Rücken ab, die ihre Lage wiederholt
wechselten. In den Mulden sammelten sich die dem Meere zu-
geführten feintonigen Sedimente zu ausgedehnten, schnell wach-
senden Tongründen an. Die Barren gegen den offenen Ozean
und die untermeerischen Schwellen im Bereiche des Binnenmeeres
verhinderten das Eindringen ozeanischer Stömungen und führten
zu einem Stagnieren der unteren Wasserschichten der Mulden.
Die Oberflächenschichten des Lias-<5-Binnenmeeres waren reich
an nektonischem, planktonischem und pseudoplanktonischem
Leben. Im Bereiche der untermeerischen, an manchen Stellen bis
hart unter den Meeresspiegel oder zeitweilig auch über diesen
aufragenden Schwellen gediehen auch sessile Formen. Die nach
dem Tode absinkenden oder in die Mulden eingeschwemmten
Organismen verwesten am Boden. In den tieferen, stagnierenden
Wasserschichten, bis zu denen die natürliche Durchlüftung durch
die Gezeiten- und Wellenbewegungen nicht herabreichte, herrschte
Sauerstoffmangel. Der bei der Zersetzung der Organismenleichen
am Boden entstehende Schwefelwasserstoff wurde nicht mehr
oxydiert, sondern häufte sich an und machte die Tongründe zeit-
weise für ausgesprochene Bodenformen unbewohnbar. Der Wech-
sel in der petrographischen Beschaffenheit der Gesteine — das
Auftreten von Kalk- und Mergellagen zwischen den Tonen -
und die Unterschiede in der Zusammensetzung der Faunen der