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Erdmannsdörffer, Otto H.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]; Rosenbusch, Harry [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1936, 3. Abhandlung): Carl Heinrich Ferdinand Rosenbusch: zu seinem 100. Geburtstage 24. Juni 1936 — Heidelberg, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.43725#0004
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0. H. Erdmannsdörffer

so manches mit in früherer Zeit liebgewonnenen Philosophe-
men, und die unleugbare Einheit der Entwickelung, die konse-
quente Stetigkeit des anorganischen Stoff-Kreislaufes behagte
dem philologisch und theoretisch geschulten Geist, der an-
fangs sich gar nicht recht mit den ihm fremdartig gegenüber
stehenden und wenig exakt erscheinenden empirischen Metho-
den vertraut machen wollte. Erst als ich anfing, selbständig
mich im Gebiet unserer schönen Wissenschaft zu bewegen,
und zumal draußen in der Natur zu beobachten — begann
ich skeptisch meinen aus fremden Werken eingesogenen An-
schauungen gegenüber zu treten. Ganz besonders aber, als
ich anfing zu lehren und mich fragte: was weißt Du denn
nun Positives? — da hielt ich gewissenhafte Einkehr bei mir
selbst und warf erbarmungslos manches liebgewordene Vor-
urteil, manche mir theoretisch sehr zusagende Anschauung
über Bord.“
Die Betonung des „Beobachtens in der Natur“ ist hier beson-
ders bedeutsam; sie wiederholt sich mehrfach: so schreibt er an
G. v. Rath am 15. Dezember 1875 nach einer scharfen Ablehnung
der einseitigen GROTH’schen Anschauung über die Aufgaben der
Mineralogie:
„Ein Mineral ist noch lange nicht gekannt, wenn wir seine
stereometrischen und physikalischen Eigenschaften kennen;
lebendig wird es uns .doch erst dann, wenn wir es nicht in
isolierter Stellung, sondern als Glied der ganzen anorganischen
Natur erfassen.“
Und ähnlich am 18. Mai 1876:
„Was ist denn Petrographie ohne Geologie? Als ob wir
ein Gestein erkannt hätten, wenn wir seine paar mineralo-
gischen Gemengteile mit so und so viel Interpositionen kennen?
Das ist ein totes Wissen, lebendig wird mir das Gestein erst,
wenn ich es in seinen Beziehungen zum Ganzen unseres
Planeten und seiner Geschichte ergriffen habe.“
Wie intensiv er diese Notwendigkeit empfand, zeigt sich in
einem Schreiben vom 13. Februar 1876 an denselben Forscher,
als er einige Beobachtungen in ihm zugesandten Schliffen nicht
deuten konnte:
„Jedesmal, wenn ich solchen Erscheinungen gegenübertrete,
befällt mich eine fast krankhafte Sehnsucht nach örtlicher
 
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