Carl Heinrich Ferdinand Rosenbusch zum 100. Geburtstag
7
„Die Zeit wird kommen, wo wir diese Erscheinungen sehen
und verstehen, und man wird dann eine pragmatische Ge-
schichte der festen Erdrinde schreiben können, die zur jetzigen
Geologie sich verhält, wie Thukydides zu Herodot.“
So treten nun die Tiefengesteine selbständig neben die
Ergußgesteine, und es erscheint zum ersten Mal die Gruppe
der Ganggesteine, die stofflich in eine granitische, syenitische
und dioritische Reihe, nach Habitus und Struktur in granitische
(hauptsächlich die Aplite umfassend), granitporphyrische und
lamprophyrische Typen zerfallen. Dieser Einteilung haftet hier
noch etwas unsicher schwankendes an, sodaß die Kritik manchen
Ansatzpunkt fand und wahrnahm (Zirkel, Lossen, Iddings u. a.
m.); doch bereits im Vorwort des gleichen Buches ergibt sich
ein Ausblick auf Neuland: der Begriff des Ganggefolges wird
umrissen, aus dem Auftreten der verschiedenen Gangformationen
wird unbedingt auf das Vorhandensein von Graniten beziehungs-
weise Eläolithsyeniten in der Tiefe geschlossen, auch da, wo
oberflächlich keine Spur dieser abyssischen Gesteine nachweisbar
ist. Damit war ein großer Schritt getan in der Erkenntnis der
Stoff liehen Zusammenhänge in der Eruptivgesteinswelt und zu
den Ergebnissen der Differentiationsprozesse.
Wenn auch gerade diese Vorgänge ihrem Wesen nach damals
noch nicht völlig erfaßt werden konnten, hauptsächlich wegen
der fehlenden experimentellen Unterlagen, und die RosENBUSCH’sche
„Kerntheorie“, die die Spaltungsvorgänge in die magmatisch-
flüssige Phase verlegte, nicht mehr als gültig angesehen werden
kann, obwohl sie für ihren Begründer selbst ein heuristisches
Prinzip von großer Tragweite bedeutet hat, so hat doch gerade
diese genial intuitiv erfaßte Erkenntnis großer Zusammenhänge
die damalige Kritik überlebt und außerordentlich befruchtend
gewirkt. Es sei nur an die großzügigen Studien Brögger’s erinnert.
Man hat Rosenbusch gelegentlich den Vorwurf einer gewissen
dogmatischen Starrheit gemacht. Gerade aber die völlige Umstellung
seines Standpunktes in seiner Lehre von den Eruptivgesteinen
zeigt die Wendigkeit seines Geistes und zugleich sein strenges
Verantwortlichkeitsgefühl, das ihn zwang, das als irrig Erkannte
zu opfern und durch Neues zu ersetzen, wie es sich ihm jeweils
aus den Fortschritten seiner eigenen Erkenntnisse offenbarte. Viele
seiner Zeitgenossen vermochten ihm nicht zu folgen. Er machte
ihnen daraus keinen Vorwurf. Bezeichnend für seine Einstellung
7
„Die Zeit wird kommen, wo wir diese Erscheinungen sehen
und verstehen, und man wird dann eine pragmatische Ge-
schichte der festen Erdrinde schreiben können, die zur jetzigen
Geologie sich verhält, wie Thukydides zu Herodot.“
So treten nun die Tiefengesteine selbständig neben die
Ergußgesteine, und es erscheint zum ersten Mal die Gruppe
der Ganggesteine, die stofflich in eine granitische, syenitische
und dioritische Reihe, nach Habitus und Struktur in granitische
(hauptsächlich die Aplite umfassend), granitporphyrische und
lamprophyrische Typen zerfallen. Dieser Einteilung haftet hier
noch etwas unsicher schwankendes an, sodaß die Kritik manchen
Ansatzpunkt fand und wahrnahm (Zirkel, Lossen, Iddings u. a.
m.); doch bereits im Vorwort des gleichen Buches ergibt sich
ein Ausblick auf Neuland: der Begriff des Ganggefolges wird
umrissen, aus dem Auftreten der verschiedenen Gangformationen
wird unbedingt auf das Vorhandensein von Graniten beziehungs-
weise Eläolithsyeniten in der Tiefe geschlossen, auch da, wo
oberflächlich keine Spur dieser abyssischen Gesteine nachweisbar
ist. Damit war ein großer Schritt getan in der Erkenntnis der
Stoff liehen Zusammenhänge in der Eruptivgesteinswelt und zu
den Ergebnissen der Differentiationsprozesse.
Wenn auch gerade diese Vorgänge ihrem Wesen nach damals
noch nicht völlig erfaßt werden konnten, hauptsächlich wegen
der fehlenden experimentellen Unterlagen, und die RosENBUSCH’sche
„Kerntheorie“, die die Spaltungsvorgänge in die magmatisch-
flüssige Phase verlegte, nicht mehr als gültig angesehen werden
kann, obwohl sie für ihren Begründer selbst ein heuristisches
Prinzip von großer Tragweite bedeutet hat, so hat doch gerade
diese genial intuitiv erfaßte Erkenntnis großer Zusammenhänge
die damalige Kritik überlebt und außerordentlich befruchtend
gewirkt. Es sei nur an die großzügigen Studien Brögger’s erinnert.
Man hat Rosenbusch gelegentlich den Vorwurf einer gewissen
dogmatischen Starrheit gemacht. Gerade aber die völlige Umstellung
seines Standpunktes in seiner Lehre von den Eruptivgesteinen
zeigt die Wendigkeit seines Geistes und zugleich sein strenges
Verantwortlichkeitsgefühl, das ihn zwang, das als irrig Erkannte
zu opfern und durch Neues zu ersetzen, wie es sich ihm jeweils
aus den Fortschritten seiner eigenen Erkenntnisse offenbarte. Viele
seiner Zeitgenossen vermochten ihm nicht zu folgen. Er machte
ihnen daraus keinen Vorwurf. Bezeichnend für seine Einstellung