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Marx, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 10. Abhandlung): Die Entwicklung der Reflexlehre seit Albrecht von Haller bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: vorgelegt in der Sitzung am 16. November 1938 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43756#0079
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Entwicklung der Reflexlehre
nung betrachten?’ Kürschner stellt diese Frage und teilt darauf-
hin die unwillkürlichen Bewegungen, die von äußeren
bewußten Eindrücken abhängen, in zwei Abteilungen ein: bei
der ersten ist Empfindung wesentlich, die Bewegungen treten
auch ohne äußeren Reiz aus inneren Ursachen heraus auf; bei
der zweiten ist Empfindung nur begleitend, nicht notwendig, aber
der äußere Reiz ist nicht zu entbehren. Der Wert dieser von
Kürschner angestellten Unterscheidung ist nicht recht ersichtlich;
wir konstatieren nur, daß er nichts ausgelassen hat, was er an
Unterschiedlichem zu erkennen glaubte. — Das Charakteristikum
der Reflexbewegungen ist, daß Empfindung kein wesentliches
Merkmal bei ihnen ist; Bewegungen auf Reizung der großen
Sinnesnerven scheiden bei Kürschner aus den Reflexbewegungen
aus, die Reflexionskraft ist also auch keine Eigenschaft des
Gehirns.
Kürschner weist Hall’s besonderes excito-motorisches Ner-
vensystem ab, es gibt für ihn nur das zentripetale und zentrifugale
Nervensystem nach Johannes Müller. Wenn — nach Hall —
nach Dekapitation das Empfindungs-Wille-Nervensystem paraly-
siert sei, dann müsse folgerichtig nach Rückenmarkzerstörung
die Reizbarkeit der Muskeln plus Nerven auch zerstört sein, oder
man müsse auch dafür wieder ein besonderes motorisches Sy-
stem annehmen. In den zentripetalen Nerven Trennungen vor-
zunehmen, hält Kürschner für ebenso unmöglich; es gäbe dann
Fasern, die „im Rückenmark endigen und nie Empfindung machen
würden“, und es gäbe eine Menge von Fasern für alle verschie-
denen Empfindungen.
„. . . . Gibt es nun im Nervus opticus verschiedene Fasern
für Licht und Farbe, und vielleicht gar für die Perzeption einer
jeden Farbe verschiedene Fasern? So wenig wir hier für die
Perzeption der verschiedenen Qualitäten des Lichtes spezifisch
verschiedene Nerven annehmen können, so wenig dürfen wir
glauben, daß die Empfindung verschiedener Qualitäten der Kör-
per, deren unmittelbare Berührung wir empfinden, durch spe-
zifisch verschiedene Nerven vermittelt werde.“ — „... Die
Schwingungen oder Undulationen, welche an der Peripherie in
den Primitivfasern der ersten Art (zentripetale Nerven) erregt
werden, wandelt das Gehirn, im Falle sie dasselbe erreichen, in
bewußte Empfindung aller Art und jeden Grades um; ist dagegen
der Weg zu diesem Organ versperrt, so klingen sie, wenn ich
 
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