15
Die Ernährungsphysiologie des 17. Jahrhunderts
keit zwischen Hölle und Tod erwuchs für ihn eine innere Wand-
lung. Seine Wanderschaft durch die geistigen Welten ging aber
weiter. Er studierte Rechtslehre und Politik und fand auch hier
keine Befriedigung. Und dann begann er Kräuterbücher zu stu-
dieren, weil er meinte, daß man Gott am besten diene, wenn
man seine Gnade in den Heilkräutern bewundere und sie an-
wende. Und damit war van Helmont nach langen faustischen
Irrfahrten wieder bei seinem Ausgangspunkt, der Arzneikunst,
angekommen. Die weiteren Jahre seines Lebens sind dann auf
langen Reisen durch Europa, in unablässigem Studium und auf-
opfernder ärztlicher Tätigkeit der Medizin gewidmet, nur unter-
brochen durch eine zweijährige Haft, die er sich wegen angeblicher
Ketzerei zugezogen hatte. Schließlich zieht er sich als Arzt in
einen kleinen Ort in der Nähe von Brüssel zurück und lebt ganz
dem Studium der Natur und widmet sich daneben der Pyrotechnik.
Hier in Vilvordern bei Brüssel stirbt er 66jährig am 30. Dezember
1644. Sein Prozeß wurde erst zwei Jahre nach seinem Tod zu
seinen Gunsten entschieden.
Wir besitzen von seinen Schriften zunächst sein medizinisches
Hauptwerk Ortus medicinae, das sein Sohn Franziskus Merkurius
van Helmont nach seinem Tode bei Elzevir in Amsterdam er-
scheinen ließ. Eine kleine Schrift über die Steinkrankheiten, die
sich gegen den in manchem geistesverwandten Paracelsus wendet,
ein Traktat über die Fieber, das gegen die Humoralpathologen
polemisiert und eine Schrift über die Pest sind neben einigen
anderen bereits zu seinen Lebzeiten erschienen.
Ich muß es mir versagen, Ihnen einen auch nur in den Grund-
linien vollständigen Überblick über die auch in der Terminologie
recht schwierige Naturphilosophie van Helmonts zu geben. Es
muß für unsern Zweck genügen, seine Ernährungslehre darzu-
stellen. Und eine derartige Begrenzung ist auch deshalb vertretbar,
weil die Physiologie der Ernährung einer der entscheidenden
Teile seiner Medizin ist.
Sein Ausgangspunkt ist ein ganz anderer als bei Sanctorio
und Borelli. Es ist nicht die Bilanz der Einnahmen und Aus-
gaben, und die einfache Scheidung von Schlacken und Nahrung
durch die Kochung, wie bei Sanctorio; auch nicht die Abnutzung
des Körpers und ihr korpuskularer Ersatz wie bei Borelli, sondern
er beginnt die Ernährungslehre mit der Beobachtung des pflanz-
lichen und tierischen Wachstums. In derselben Erde können vierzig
Die Ernährungsphysiologie des 17. Jahrhunderts
keit zwischen Hölle und Tod erwuchs für ihn eine innere Wand-
lung. Seine Wanderschaft durch die geistigen Welten ging aber
weiter. Er studierte Rechtslehre und Politik und fand auch hier
keine Befriedigung. Und dann begann er Kräuterbücher zu stu-
dieren, weil er meinte, daß man Gott am besten diene, wenn
man seine Gnade in den Heilkräutern bewundere und sie an-
wende. Und damit war van Helmont nach langen faustischen
Irrfahrten wieder bei seinem Ausgangspunkt, der Arzneikunst,
angekommen. Die weiteren Jahre seines Lebens sind dann auf
langen Reisen durch Europa, in unablässigem Studium und auf-
opfernder ärztlicher Tätigkeit der Medizin gewidmet, nur unter-
brochen durch eine zweijährige Haft, die er sich wegen angeblicher
Ketzerei zugezogen hatte. Schließlich zieht er sich als Arzt in
einen kleinen Ort in der Nähe von Brüssel zurück und lebt ganz
dem Studium der Natur und widmet sich daneben der Pyrotechnik.
Hier in Vilvordern bei Brüssel stirbt er 66jährig am 30. Dezember
1644. Sein Prozeß wurde erst zwei Jahre nach seinem Tod zu
seinen Gunsten entschieden.
Wir besitzen von seinen Schriften zunächst sein medizinisches
Hauptwerk Ortus medicinae, das sein Sohn Franziskus Merkurius
van Helmont nach seinem Tode bei Elzevir in Amsterdam er-
scheinen ließ. Eine kleine Schrift über die Steinkrankheiten, die
sich gegen den in manchem geistesverwandten Paracelsus wendet,
ein Traktat über die Fieber, das gegen die Humoralpathologen
polemisiert und eine Schrift über die Pest sind neben einigen
anderen bereits zu seinen Lebzeiten erschienen.
Ich muß es mir versagen, Ihnen einen auch nur in den Grund-
linien vollständigen Überblick über die auch in der Terminologie
recht schwierige Naturphilosophie van Helmonts zu geben. Es
muß für unsern Zweck genügen, seine Ernährungslehre darzu-
stellen. Und eine derartige Begrenzung ist auch deshalb vertretbar,
weil die Physiologie der Ernährung einer der entscheidenden
Teile seiner Medizin ist.
Sein Ausgangspunkt ist ein ganz anderer als bei Sanctorio
und Borelli. Es ist nicht die Bilanz der Einnahmen und Aus-
gaben, und die einfache Scheidung von Schlacken und Nahrung
durch die Kochung, wie bei Sanctorio; auch nicht die Abnutzung
des Körpers und ihr korpuskularer Ersatz wie bei Borelli, sondern
er beginnt die Ernährungslehre mit der Beobachtung des pflanz-
lichen und tierischen Wachstums. In derselben Erde können vierzig