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Achelis, Johann Daniel; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 3. Abhandlung): Die Ernährungsphysiologie des 17. Jahrhunderts: Festvortrag bei der Stiftungsfeier der Akademie am 22. Mai 1938 — Heidelberg, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.43749#0017
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Die Ernährungsphysiologie des 17. Jahrhunderts 17
für die der Aufbau einer Diät bei einer bestimmten Krankheit
geradezu rituale Formen angenommen hatte. Was alles zu essen
und zu vermeiden sei bei fieberhaften Erkrankungen, wurde in
umfangreichen Abhandlungen diskutiert. Helmont führt diese Dis-
kussionen auf ihren wahren Kern zurück: Dieser Aufwand an
Diätetik steht nämlich in umgekehrtem Verhältnis zu dem wahren
ärztlichen Können, das sich für ihn erst an der Arzneimitteltherapie
bewährt. Nur eine qualitative Forderung bleibt bestehen: daß
nämlich das Leben, vor allem der lebende Organismus des Men-
schen, sich nur wieder von Lebendigem nähren kann. Wenn es
nicht so gefährlich wäre, moderne Begriffe in vergangene Systeme
hinein zu interpretieren, könnte man sagen, daß hier die moderne
Vitaminforschung — freilich nur im Prinzip — vorgeahnt wäre.
Jedenfalls kommt für ihn der lebendigen Nahrung die eigentlich
aufbauende, belebende Wirkung im Organismus zu.
Und damit ist noch ein letzter wichtiger Punkt berührt. Durch
die Sagen und Märchen aller Kulturen zieht sich der Gedanke,
daß von der Nahrung, meist einer Pflanze, eine verwandelnde
Wirkung ausgehen kann. Man braucht nur an den Zwerg Nase zu
erinnern, dessen Nase nach dem Genuß eines Kräutleins ihre
normale Form wieder annahm, oder an das Schicksal, das die
Gefährten des Odysseus bei der Zauberin Kirke erlebten. Die
Nahrung wird offenbar nicht nur assimiliert, sondern der Organis-
mus wird auch durch das Aufgenommene verändert. Und diesen Ge-
danken, der der eigentliche Grundgedanke jeder Pharmakologie ist,
fügt van Helmont seiner Ernährungslehre noch ein, indem er darauf
hinweist, daß die Assimilation der Nahrung in keinem Fall voll-
ständig gelänge, sodaß die Nahrung auch nach der Aufnahme
als solcher immer etwas von ihrer spezifischen Eigenart behalte,
jede Nahrung also, wenn man so will, gleichzeitig auch ein Heil-
mittel darstellt.
Diese Einbeziehung der Pharmakologie in die Ernährungs-
physiologie ist nicht zufällig. Die moderne Naturwissenschaft ver-
dankt ihre Entstehung nämlich nicht nur der Erkenntnis, daß durch
das Experiment die Wahrheit der Natur zu finden ist, sondern eben-
so sehr der ärztlichen Erfahrung, daß die Heilung der Krankheit ein
unbestechlicher Maßstab für die Richtigkeit einer Naturerkenntnis ist.
Man beschreibt diesen zweiten Ursprung unseres modernen Natur-
bildes nicht richtig, wenn man die Krankheitsheilung nur als ein ge-
lungenes Experiment bezeichnet, weil das der ärztlichen Erfahrung
 
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