Sitzungsberichte der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften

22 J. D. Achelis: Die Ernährungsphysiologie des 17. Jahrhunderts
Das Spiel der wissenschaftlichen Systeme, das sich aus diesem
Wechsel der Standpunkte ergibt, ist zu Ende gespielt. So wie
es sich in der Politik nicht um den Streit von Lehrmeinungen,
sondern um die Gestaltung der Wirklichkeit von Völkern und
Staaten handelt, geht es in der Naturwissenschaft um die Wirk-
lichkeit der Natur und ihre Gestaltung. Und diese Wirklichkeit
wandelt sich mit jeder neuen Entdeckung. Vielleicht hat überhaupt
die Natur in einem viel tieferen Sinn, als man bisher meint, eine
Geschichte. — Die Entscheidungen unserer Wissenschaft fallen
jedenfalls wie in der politischen Geschichte nicht in der Theorie,
sondern auf dem großen Kampfplatz der Wirklichkeit.
Und damit sind dann die Voraussetzungen unserer Wissen-
schaft nicht mehr kulturgeschichtlicher Art. Sie sind mit der Person
und dem Glauben des forschenden Arztes sehr viel tiefer ver-
bunden, als das irgendwelche Theorien je sein können. Es handelt
sich hier um die großen Fragen unserer menschlichen Existenz.
Und von denen sollte man schweigen oder groß reden.
Die Wissenschaft aber will wirksam getan sein. Sich dieser
Aufgabe ganz widmen zu dürfen, ist das bescheidene Vorrecht
der Akademie.