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Kurt Goerttler: Die
nur gezeigt, unter welchen Bedingungen Leben gerade noch oder
nicht mehr möglich ist, und daß alle Teile eines Organismus
gleichzeitig mit dem Verlust ihres biologischen Zusammenhanges
innerhalb desselben meist auch alles das verloren, was ihnen
Sinn, Bedeutung und biologischen Wert verlieh. Wir haben zwar
Erfahrungen gesammelt, aber auf einem Spezialgebiet, das wahr-
scheinlich schon außerhalb der Problematik des wirklichen Lebens
liegt.
Damit soll über die Methode der Gewebezüchtung freilich
keineswegs ein Urteil gesprochen werden, es sollen nur ihre
Grenzen beleuchtet werden, die überall da liegen, wo wir aus
Zellkulturen unmittelbare Schlüsse auf den lebenden Organismus
ableiten wollen. Denn die eigentliche, zentrale Aufgabe der Bio-
logie— „die Erforschung der Gesetzmäßigkeit biologischer Vorgänge
in ihrer eigenen und natürlichen Welt“ — bleibt außerhalb
dieses Forschungsgebietes. Was Zellen außerhalb des Organismus
in nitro leisten, kann keinesfalls als Maßstab oder Grundlage ihrer
Leistungsfähigkeit innerhalb ihres natürlichen Lebensraumes ange-
sehen werden.
Die sich in der Histologie immer mehr durchsetzende Unter-
suchung am lebenden Organismus mit zahlreichen neuen und
grundlegenden Ergebnissen trägt dieser Sachlage bereits Rech-
nung. Aber zu allen Problemen der Histogenese — mit einer ge-
wissen Ausnahme des Entzündungsproblemes — führen von dieser
Plattform unserer Erkenntnis aus noch keine Wege.
Ich will garnicht darauf eingehen, in wie weit etwa die Züch-
tung lebender Gewebe unterm Deckglas als einzig mögliche Unter-
suchungsmethode der Histogenese damit vielfach ihre selbsverständ-
liche Notwendigkeit und Berechtigung erwiesen hat, — aber es
scheint mir doch ein bedenkliches Mißverhältnis zu sein, wenn
wir heute zusammenfassend feststellen müssen, daß unsere wissen-
schaftlichen Archive auf dem Gebiete der Gewebezüchtung und
unter dem Zwang und Dogma einer Methode ständig an Umfang
zunehmen, während wir andererseits über die Fähigkeiten der
lebenden Zellen und Gewebe innerhalb ihres natürlichen Lebens-
raumes noch so gut wie garnichts wissen.
Was uns in dieser Situation fehlt, das kann, abgesehen von
Spezialfällen, nicht nur eine neue Methode der Gewebezüchtung,
sondern muß darüber hinaus auch eine grundsätzlich andere Pro-
blemstellung sein, die zur Erforschung des Lebendigen wirklich
von biologischen Fragestellungen ausgeht.
Kurt Goerttler: Die
nur gezeigt, unter welchen Bedingungen Leben gerade noch oder
nicht mehr möglich ist, und daß alle Teile eines Organismus
gleichzeitig mit dem Verlust ihres biologischen Zusammenhanges
innerhalb desselben meist auch alles das verloren, was ihnen
Sinn, Bedeutung und biologischen Wert verlieh. Wir haben zwar
Erfahrungen gesammelt, aber auf einem Spezialgebiet, das wahr-
scheinlich schon außerhalb der Problematik des wirklichen Lebens
liegt.
Damit soll über die Methode der Gewebezüchtung freilich
keineswegs ein Urteil gesprochen werden, es sollen nur ihre
Grenzen beleuchtet werden, die überall da liegen, wo wir aus
Zellkulturen unmittelbare Schlüsse auf den lebenden Organismus
ableiten wollen. Denn die eigentliche, zentrale Aufgabe der Bio-
logie— „die Erforschung der Gesetzmäßigkeit biologischer Vorgänge
in ihrer eigenen und natürlichen Welt“ — bleibt außerhalb
dieses Forschungsgebietes. Was Zellen außerhalb des Organismus
in nitro leisten, kann keinesfalls als Maßstab oder Grundlage ihrer
Leistungsfähigkeit innerhalb ihres natürlichen Lebensraumes ange-
sehen werden.
Die sich in der Histologie immer mehr durchsetzende Unter-
suchung am lebenden Organismus mit zahlreichen neuen und
grundlegenden Ergebnissen trägt dieser Sachlage bereits Rech-
nung. Aber zu allen Problemen der Histogenese — mit einer ge-
wissen Ausnahme des Entzündungsproblemes — führen von dieser
Plattform unserer Erkenntnis aus noch keine Wege.
Ich will garnicht darauf eingehen, in wie weit etwa die Züch-
tung lebender Gewebe unterm Deckglas als einzig mögliche Unter-
suchungsmethode der Histogenese damit vielfach ihre selbsverständ-
liche Notwendigkeit und Berechtigung erwiesen hat, — aber es
scheint mir doch ein bedenkliches Mißverhältnis zu sein, wenn
wir heute zusammenfassend feststellen müssen, daß unsere wissen-
schaftlichen Archive auf dem Gebiete der Gewebezüchtung und
unter dem Zwang und Dogma einer Methode ständig an Umfang
zunehmen, während wir andererseits über die Fähigkeiten der
lebenden Zellen und Gewebe innerhalb ihres natürlichen Lebens-
raumes noch so gut wie garnichts wissen.
Was uns in dieser Situation fehlt, das kann, abgesehen von
Spezialfällen, nicht nur eine neue Methode der Gewebezüchtung,
sondern muß darüber hinaus auch eine grundsätzlich andere Pro-
blemstellung sein, die zur Erforschung des Lebendigen wirklich
von biologischen Fragestellungen ausgeht.