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Ernst RODENWALDT: Frühzeitige Erkennung
gefehlt hat und weil der bakteriologische Befund „Dysenterie-
bazillen“ nur in Einzelfällen erhoben worden ist. Der gesamte
Krankenbestand, für den ein Zusammenhang der Infektion wahr-
scheinlich geworden ist, muß als ruhrkrank bezeichnet werden,
auch wenn aus ihm heraus nur in Einzelfällen die bakteriologische
Diagnose Shiga- oder Flexner- oder Y-Bazillen gestellt wurde.
Bei der Gift produzierenden Bazillenart, beim SHIGA-Bazillus, könnte
es im Stellungskrieg die verhängnisvollsten Folgen haben, wenn
man anders denken wollte.
In noch höherem Grade als beim Typhus ist bei der Ruhr
auf sofortige Isolierung und Evakuation der Erkrankten zu dringen.
Sie beladen mit ihren gehäuften Entleerungen in den ersten
Tagen ihre ganze Umgebung mit Krankheitskeimen. Man hat ja
auch wahrscheinlich im Kriege am meisten damit erreicht, daß
man unverzüglich Darmkrankenstuben einrichtete. Man wird solche
Einrichtungen immer möglichst seitlich der Marschstraßen schaffen
und sie unter keinen Umständen in der Nähe von Ausladebahn-
höfen und Kreuzungspunkten anlegen dürfen.
Übrigens ist beim Auftreten von Ruhr, wenn ich hier zunächst
von der Vaccination absehe, mit noch größerer Sorgfalt als beim
Typhus eine Überwachung der Latrinen und des Nahrungsmittel-
wesens notwendig.
Damit komme ich auf die allgemeinen hygienischen Maßnah-
men, mit denen wir der Ausbreitung der Darmseuchen entgegen
zu arbeiten haben.
Theoretisch ist alles leicht gesagt: Isolieren, Evakuieren, Aus-
schalten der Dauerausscheider, Anlegen einwandfreier Latrinen,
deren Desinfektion, Fliegenbekämpfung, sorgfältiger Schutz der
Nahrungsmittel, Beschaffung einwandfreien Trinkwassers.
Im Weltkrieg ist es der Truppe nur sehr langsam klar ge-
worden, was es hygienisch heißt, vom Niveau eines hygienisch
wohlversorgten modernen Staatsbürgers herunter zu steigen auf
das Niveau eines Höhlenbewohners unter hygienischen Bedin-
gungen, die viel schlimmer waren als die Zustände in mittelalter-
lichen Städten.
Löffler hat mit der ganzen Energie seiner rastlosen Natur
und seinem eminenten Blick für praktische Hygiene für unsere
erste IV. Armee einen Befehl ausgearbeitet betreffend die An-
legung ordnungsmäßiger Latrinen, gute Bezeichnung der Zugangs-
wege, Bereitstellung von Kalk zur Bereitung von Kalkmilch, Be-
Ernst RODENWALDT: Frühzeitige Erkennung
gefehlt hat und weil der bakteriologische Befund „Dysenterie-
bazillen“ nur in Einzelfällen erhoben worden ist. Der gesamte
Krankenbestand, für den ein Zusammenhang der Infektion wahr-
scheinlich geworden ist, muß als ruhrkrank bezeichnet werden,
auch wenn aus ihm heraus nur in Einzelfällen die bakteriologische
Diagnose Shiga- oder Flexner- oder Y-Bazillen gestellt wurde.
Bei der Gift produzierenden Bazillenart, beim SHIGA-Bazillus, könnte
es im Stellungskrieg die verhängnisvollsten Folgen haben, wenn
man anders denken wollte.
In noch höherem Grade als beim Typhus ist bei der Ruhr
auf sofortige Isolierung und Evakuation der Erkrankten zu dringen.
Sie beladen mit ihren gehäuften Entleerungen in den ersten
Tagen ihre ganze Umgebung mit Krankheitskeimen. Man hat ja
auch wahrscheinlich im Kriege am meisten damit erreicht, daß
man unverzüglich Darmkrankenstuben einrichtete. Man wird solche
Einrichtungen immer möglichst seitlich der Marschstraßen schaffen
und sie unter keinen Umständen in der Nähe von Ausladebahn-
höfen und Kreuzungspunkten anlegen dürfen.
Übrigens ist beim Auftreten von Ruhr, wenn ich hier zunächst
von der Vaccination absehe, mit noch größerer Sorgfalt als beim
Typhus eine Überwachung der Latrinen und des Nahrungsmittel-
wesens notwendig.
Damit komme ich auf die allgemeinen hygienischen Maßnah-
men, mit denen wir der Ausbreitung der Darmseuchen entgegen
zu arbeiten haben.
Theoretisch ist alles leicht gesagt: Isolieren, Evakuieren, Aus-
schalten der Dauerausscheider, Anlegen einwandfreier Latrinen,
deren Desinfektion, Fliegenbekämpfung, sorgfältiger Schutz der
Nahrungsmittel, Beschaffung einwandfreien Trinkwassers.
Im Weltkrieg ist es der Truppe nur sehr langsam klar ge-
worden, was es hygienisch heißt, vom Niveau eines hygienisch
wohlversorgten modernen Staatsbürgers herunter zu steigen auf
das Niveau eines Höhlenbewohners unter hygienischen Bedin-
gungen, die viel schlimmer waren als die Zustände in mittelalter-
lichen Städten.
Löffler hat mit der ganzen Energie seiner rastlosen Natur
und seinem eminenten Blick für praktische Hygiene für unsere
erste IV. Armee einen Befehl ausgearbeitet betreffend die An-
legung ordnungsmäßiger Latrinen, gute Bezeichnung der Zugangs-
wege, Bereitstellung von Kalk zur Bereitung von Kalkmilch, Be-