und Bekämpfung cler Heeresseuchen
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daß die Exposition der Truppe, die auf solchen Böden lebte, eine
ganz ungeheure gewesen ist, wenn überhaupt Dauerausscheider
in der Truppe sich befanden, und das war doch selbstverständ-
lich trotz aller Maßnahmen in dieser Hinsicht unvermeidlich.
In wiefern können aber diese Umstände das Versagen der
Vaccination erklären?
Da gehören zum neueren Wissen der Bakteriologie zwei be-
deutsame Tatsachen, deren eine wir Kisskalt verdanken, näm-
lich, daß beim Zustandekommen der Infektion die Menge der
Bakterien eine entscheidende Rolle spielt, wozu dann noch ihre
Virulenz und die Reaktionslage des Körpers hinzukommen.
Es ist also nicht so, daß jede beliebige Menge Bakterien un-
bedingt zu einer Erkrankung führen muß. Mit einer bestimmten,
kleineren Menge wird der Körper mit seinen eigenen Abwehr-
kräften fertig. Umgekehrt kann für die Schwere eines Krankheits-
bildes, auch für die Kürze der Inkubation, eine massenhafte In-
fektion die Ursache sein. Die von Kisskalt errechneten Zahlen
mögen in weiten Grenzen variieren; jedenfalls müssen wir die
Möglichkeit aber als gegeben ansehen, daß eine massenhafte In-
fektion mit lebensfrischen Keimen auch die Schranke der durch
die Vaccination erzielten, doch auch nur relativen und im Ver-
lauf von 9 Monaten allmählich abnehmenden Immunität durch-
brechen kann. Insofern kann die Einwirkung bestimmter Böden
auf das epidemische Geschehen entscheidend sein, ohne daß wir
deshalb die Zuflucht nehmen müßten zu phantastischen Vorstel-
lungen von einem bisher durch keine exakte Untersuchung er-
wiesenen Einfluß der Bodenluft. Wenn es sich um einen mit
Typhusbazillen durchsetzten Schlamm handelt, der alles, auch die
Hände beschmutzt, dann wird die Frage „Boden oder Wasser“
überhaupt bedeutungslos. Man lebt dort eben mitten in einem von
Typhuskeimen durchsetzten Milieu, gewissermaßen mitten in einer
Typhusbazillenkultur. Damit verstehen wir auch heute die Erfah-
rungen aus Südwestafrika besser. Die Zusammendrängung der Ty-
phuskeime in den dürftigen Wasserstellen Südwestafrikas könnte
ebenfalls das Versagen der Vaccination in unserem Kolonialfeld-
zug 1904 erklären.
Zu der Erkenntnis, daß beim Zustandekommen der Infektion
die quantitative Zufuhr der Bakterien eine Rolle spielt, kommt
aber die weitere neuere Erkenntnis der verschiedenen Virulenz
von Typhusstämmen.
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daß die Exposition der Truppe, die auf solchen Böden lebte, eine
ganz ungeheure gewesen ist, wenn überhaupt Dauerausscheider
in der Truppe sich befanden, und das war doch selbstverständ-
lich trotz aller Maßnahmen in dieser Hinsicht unvermeidlich.
In wiefern können aber diese Umstände das Versagen der
Vaccination erklären?
Da gehören zum neueren Wissen der Bakteriologie zwei be-
deutsame Tatsachen, deren eine wir Kisskalt verdanken, näm-
lich, daß beim Zustandekommen der Infektion die Menge der
Bakterien eine entscheidende Rolle spielt, wozu dann noch ihre
Virulenz und die Reaktionslage des Körpers hinzukommen.
Es ist also nicht so, daß jede beliebige Menge Bakterien un-
bedingt zu einer Erkrankung führen muß. Mit einer bestimmten,
kleineren Menge wird der Körper mit seinen eigenen Abwehr-
kräften fertig. Umgekehrt kann für die Schwere eines Krankheits-
bildes, auch für die Kürze der Inkubation, eine massenhafte In-
fektion die Ursache sein. Die von Kisskalt errechneten Zahlen
mögen in weiten Grenzen variieren; jedenfalls müssen wir die
Möglichkeit aber als gegeben ansehen, daß eine massenhafte In-
fektion mit lebensfrischen Keimen auch die Schranke der durch
die Vaccination erzielten, doch auch nur relativen und im Ver-
lauf von 9 Monaten allmählich abnehmenden Immunität durch-
brechen kann. Insofern kann die Einwirkung bestimmter Böden
auf das epidemische Geschehen entscheidend sein, ohne daß wir
deshalb die Zuflucht nehmen müßten zu phantastischen Vorstel-
lungen von einem bisher durch keine exakte Untersuchung er-
wiesenen Einfluß der Bodenluft. Wenn es sich um einen mit
Typhusbazillen durchsetzten Schlamm handelt, der alles, auch die
Hände beschmutzt, dann wird die Frage „Boden oder Wasser“
überhaupt bedeutungslos. Man lebt dort eben mitten in einem von
Typhuskeimen durchsetzten Milieu, gewissermaßen mitten in einer
Typhusbazillenkultur. Damit verstehen wir auch heute die Erfah-
rungen aus Südwestafrika besser. Die Zusammendrängung der Ty-
phuskeime in den dürftigen Wasserstellen Südwestafrikas könnte
ebenfalls das Versagen der Vaccination in unserem Kolonialfeld-
zug 1904 erklären.
Zu der Erkenntnis, daß beim Zustandekommen der Infektion
die quantitative Zufuhr der Bakterien eine Rolle spielt, kommt
aber die weitere neuere Erkenntnis der verschiedenen Virulenz
von Typhusstämmen.