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Rodenwaldt, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1939, 2. Abhandlung): Frühzeitige Erkennung und Bekämpfung der Heeresseuchen — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43760#0022
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22 Ernst Rodenwaldt: Frühzeitige Erkennung
Die Schwierigkeit an sich kann als behoben gelten. Bei rich-
tiger Anwendung beider Widale, des 0- und H-Widal, wird man
durch einen Impfwidal oder durch einen anamnestischen Widal
voraussichtlich nicht mehr getäuscht werden.
Nur mit einem Wort möchte ich erwähnen, daß sich die Im-
munisierung durch Verfütterung von Vaccinen nicht be-
währt hat. Man hatte an sie manche Hoffnung geknüpft.
Wesentlich ungeklärter und auch komplizierter ist die Frage
der Schutzimpfung gegen Ruhr. Sie ist aber vielleicht die wich-
tigste Frage, die es für uns gibt, denn die Ruhr ist doch eben
die Kriegsseuche geblieben, die wir mit Sicherheit noch nicht
beherrschen.
Dem unter dem Namen „Dysbakta“ in der zweiten Hälfte des
Krieges eingeführten Impfstoff ist ein erkennbarer Erfolg nicht
beschieden gewesen. Es handelte sich um ein Toxin-Anti-
toxin - G e m i s c h.
Impfungen mit giftarmen Typen, mit Y- und Flexner-Stämmen,
sind von Otto 1917 auf einem Schießplatz durchgeführt worden.
Nach der Vaccination sind trotz einer erheblichen Exposition
keine Ruhrfälle mehr aufgetreten.
Vom Hygienischen Institut Heidelberg sind in den letzten
Jahren zwei Impfserien durchgeführt worden mit Vaccinen gegen
KRUSE-SONNE-Bazillen, die eine in einem großen Gefängnis, die
andere in einer großen Irrenanstalt. In beiden Fällen traten nach
der Vaccination keine Ruhrfälle mehr auf.
Es wäre verfrüht, hieraus bindende Schlüsse zu ziehen. Die
Ruhr kann auch von selbst aufgehört haben. So viel ist aber
sicher, daß diese Vaccination mit giftarmen Stämmen ohne
Schaden vertragen wird. Das ist wichtig.
Denn wenn man bedenkt, wie stark eine Truppe, auch wenn
bei giftarmer Ruhr keine Todesfälle auftreten, in ihrer Gefechts-
kraft, vor allem in ihrer moralischen Haltung durch die
Ruhr geschwächt werden kann, dann erhebt sich doch die Frage,
ob man nicht auch im Felde gegen die giftarmen Typen vacci-
nieren soll.
Man hätte es auch im letzten Kriege schon bestimmt getan,
wenn man eine brauchbare Vaccine gegen den Toxin-bildenden
Erreger der SHIGA-KRUSE-Ruhr gehabt hätte. Bei ihr kann die Leta-
lität die gleiche sein wie bei der Cholera, sie kann bis zu 60 "/0
ansteigen. Diese Ruhr ist also eine höchst gefährliche Seuche,
der man mit aller Energie zu Leibe gehen muß.
 
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