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Gleiter, Rolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1993/1994, 5. Abhandlung): Spannende und gespannte Moleküle: vorgelegt in der Sitzung vom 7. Mai 1994 — Berlin, Heidelberg [u.a.]: Springer, 1994

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https://doi.org/10.11588/diglit.48140#0010
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Rolf Gleiter

Neuere Entwicklungen

Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wurden zwei Fragen intensiv bearbeitet.
a) Wie lassen sich die Bindungsverhältnisse in gespannten Systemen beschreiben?
und
b) Wieviel Spannung verträgt ein existenzfähiges Molekül überhaupt?
Zur Beantwortung der ersten Frage wurden zwei äquivalente Bindungsmodelle
aufgestellt. Das eine, von Coulson und Moffit[11] bzw. T. Förster1121, geht von lokali-
sierten Bindungen aus. Das von Walsh[13] nimmt delokalisierte Bindungen an. Beide
sagen aber gleichermaßen aus (Abb. 2), daß die Bindungen beim Cyclopropan und
auch beim Cyclobutan gebogen sein sollten (banana-bonds).



Abb. 2. „Gebogene“ Bindungen beim Cyclopropan

Definiert man die chemische Bindung als die Kurve größter Elektronendichte
zwischen zwei Atomen, so ist dies beim Cyclopropan nicht wie bei den „normalen“
Verbindungen eine Gerade, sondern, wie in Abb. 2 gezeigt, eine gebogene Linie.
Die Bindung ist beträchtlich länger (1.60 Ä) als bei normalen Kohlenwasserstoffen
(1.54 Ä). Der Bindungswinkel im Cyclopropan beträgt nach dieser Definition nicht
60° sondern 78°. Zu experimentellen Stützen für dieses Modell sei auf das nächste
Kapitel verwiesen.
In Abb. 3 sind die Spannungsenergien (SE) einer Reihe von Molekülen auf-
gezeigt[10bl. Mit Ausnahme des unsubstituierten Tetrahedrans sind alle synthetisiert
worden. Wie erwartet, steigt mit zunehmender Anzahl der deformierten Bindungen
die Spannungsenergie. Interessant ist, daß hier Spannungsenergien erhalten werden,
die die Energie zur Spaltung einer C,C-Einfachbindung (84 kcal/mol) übertreffen.

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