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Deecke, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1923, 1. Abhandlung): Mitteleuropäische Meeresströmungen der Vorzeit — Berlin, Leipzig, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.43565#0020
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20

W. ÜEECKE:

Schonens und Dänemarks sofort die letzten mitteleuropäischen Korallen-
riffe an, und mit dem atlantischen warmen Wasser wandert die süd-
europäische SeeigelgattungHemipneustes bis Aachen. Diesem atlantischen
Wasser verdanken wir die Meeressaurier des Danien, die Phytonomorphen,
welche wieder klare Beziehungen zu Nordamerika ergeben, als sei ein
„Golfstrom“ von dort nach Europa herübergegangen.
Mit dem Cenoman versuchen einige ältere Formen eine neue Blüte
zu erlangen, z. B. Actinostromaria, welche in der Tethys lebte und von
Südeuropa bis Le Mans reicht und sich an die paläozoischen Stromato-
poriden anlehnt, zweitens die Pharetronen, drittens die Aucellen, vier-
tens die Trigonien, welche die Scabragruppe neu entwickeln und damit
wirklich noch einmal weltweite Verbreitung erreichen. Aufmerksam ist
darauf zu machen, daß die „weiße“ Kreide mit ihren vielen planktoni-
schen Foraminiferen sich sowohl nach der Zeit, als auch nach dem Orte
dort so massig absetzt, wo jene Straße von Osten nach Westen quer
durch Mitteleuropa am breitesten und tiefsten war. Schon früher sprach
ich die Behauptung aus, dies Turon-Senon-Plankton sei durch Strö-
mungen zusammengetragen oder begünstigt, und noch heute stehe
ich auf diesem Standpunkte, indem ich wegen der weiten Verbreitung der
gleichen Facies bis nach Südostrußland meine, daß von dort, also von
Osten her kräftige Driften diese Tierschwärme oder -Wolken bis nach
England trieben. Der Mangel an Tonschlamm schließt nach meiner Auf-
fassung einen von Westen am nordatlantischen Festlande entlang gehen-
den Strom aus. Nach Schließen der baltischen Kreidestraße stellt sich
im Paläocän diese Schlammzufuhr sofort wieder ein, sobald das kurze
Zwischenstadium des Danien überwunden war.
Im Tertiär haben wir in der Verbreitung der Nununuliten voll-
ständige Analoga zu den Hippuriten, welche letzte ja auch schon von
Foraminiferen (Idalinen und Lacazinen) begleitet waren. Die Numrnu-
liten dringen in das Paris-Londoner Becken ein und reichen eben noch
bis Nordwestdeutschland. Aber es sind alles kleine Arten gegen die
südeuropäisch-kleinasiatisch-ägyptischen Typen; man denke an Num.
planulata der Sabies de Cuise, Num. variolaria der Sabies moyens. Die
Strömung hatte augenscheinlich geringen Zutritt zu jenem Becken, das
von Inseln und Halbinseln umschlossen war; die Riffkorallen drangen
überhaupt nicht so weit vor, die Orbitoiden des Obereocäns und Oli-
gocäns auch nicht mehr, obwohl im Danien Mastrichts eine kleine Form
üppig gediehen war. Interessant sind in der Hinsicht die Alveolinen,
welche im Pariser Becken sich zwar zeitweilig stark vermehrten, wobei
jedoch die gedrungenen Arten, die in Südeuropa gesteinsbildend wirkten.
 
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