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A. Kossel:
die nicht dissoziierten Kerne vorgefunden. Im Pflanzenreich habe
ich bisher überhaupt keine basischen Proteine, also auch keine
dissoziierten Zellkerne beobachtet.
Die Umwandlung, welche mit dieser Veränderung der Bin-
dungsweise zwischen Nucleinsäure und Protein Hand in Hand
geht, kann verschiedene Grade erreichen. Als den Anfang in
dieser Reihe der Umwandlungsprodukte des ursprünglichen Pro-
teins können wir eine Gruppe von Proteinstoffen betrachten,
deren ersten Repräsentanten ich in den roten Blutkörperchen
des Vogelblutes vorgefunden und mit dem Namen ,,Histon“
bezeichnet habe; später hat sich eine weite Verbreitung dieser
Proteine im Tierreiche ergeben. Im Histon ist die Anzahl der
Monoamidosäuren relativ verringert, zugleich sind freie Amido-
gruppen nachweisbar, welche eine basische Reaktion des ganzen
Moleküls bedingen.
Am weitesten vorgeschritten ist diese Umwandlung in den-
jenigen Proteinen, welche der Salmingruppe angehören (Salmin,
Clupein, Scombrin, Esocin usw.). Nun ist die Salmingruppe
mit der Gruppe der Histone durch eine Reihe von Zwischen-
gliedern verbunden, welche sich durch eine größere Mannig-
faltigkeit ihrer Bausteine von den Salminkörpern unterscheiden,
ohne jedoch den komplizierten Bau der Histone zu erreichen.
Solche sind das Sturin, Percin, Gyclopterin, u. a.
Die Aufklärung der Konstitution dieser einfachsten Proteine
ist selbstverständlich von prinzipieller Bedeutung für die Ei-
weißchemie; neben den chemischen Erwägungen erheben sich
aber auch biologische Fragen von allgemeinerem Interesse.
Zunächst die Frage nach der physiologischen Bedeutung der eben
erwähnten Umwandlung der Kernproteine, die mit dem dissozi-
ierten Zustand der Chromosomenmasse verbunden ist. Es ist
bisher nicht möglich gewesen, irgend eine physiologische Funktion
zu bezeichnen, welche an den dissoziierten Zustand des Kerns
geknüpft ist. Im Gegenteil findet man bei Organen von der-
selben Funktion bei der einen Tierklasse dissoziierte, bei der
anderen nicht dissoziierte Kerne. Ein Beispiel hierfür bietet sich
in den Spermien. Diese enthalten bei den Säugetieren und Vögeln
undissoziierte Kerne, bei den Fischen hingegen zeigen sie weitest-
gehende Umwandlung zu dissoziierten Kernen, nämlich die Bil-
dung der „Protamine“. Quantitativ gering ist die Umwandlung
in den Spermien des Frosches, in denen sich nur eine relativ
A. Kossel:
die nicht dissoziierten Kerne vorgefunden. Im Pflanzenreich habe
ich bisher überhaupt keine basischen Proteine, also auch keine
dissoziierten Zellkerne beobachtet.
Die Umwandlung, welche mit dieser Veränderung der Bin-
dungsweise zwischen Nucleinsäure und Protein Hand in Hand
geht, kann verschiedene Grade erreichen. Als den Anfang in
dieser Reihe der Umwandlungsprodukte des ursprünglichen Pro-
teins können wir eine Gruppe von Proteinstoffen betrachten,
deren ersten Repräsentanten ich in den roten Blutkörperchen
des Vogelblutes vorgefunden und mit dem Namen ,,Histon“
bezeichnet habe; später hat sich eine weite Verbreitung dieser
Proteine im Tierreiche ergeben. Im Histon ist die Anzahl der
Monoamidosäuren relativ verringert, zugleich sind freie Amido-
gruppen nachweisbar, welche eine basische Reaktion des ganzen
Moleküls bedingen.
Am weitesten vorgeschritten ist diese Umwandlung in den-
jenigen Proteinen, welche der Salmingruppe angehören (Salmin,
Clupein, Scombrin, Esocin usw.). Nun ist die Salmingruppe
mit der Gruppe der Histone durch eine Reihe von Zwischen-
gliedern verbunden, welche sich durch eine größere Mannig-
faltigkeit ihrer Bausteine von den Salminkörpern unterscheiden,
ohne jedoch den komplizierten Bau der Histone zu erreichen.
Solche sind das Sturin, Percin, Gyclopterin, u. a.
Die Aufklärung der Konstitution dieser einfachsten Proteine
ist selbstverständlich von prinzipieller Bedeutung für die Ei-
weißchemie; neben den chemischen Erwägungen erheben sich
aber auch biologische Fragen von allgemeinerem Interesse.
Zunächst die Frage nach der physiologischen Bedeutung der eben
erwähnten Umwandlung der Kernproteine, die mit dem dissozi-
ierten Zustand der Chromosomenmasse verbunden ist. Es ist
bisher nicht möglich gewesen, irgend eine physiologische Funktion
zu bezeichnen, welche an den dissoziierten Zustand des Kerns
geknüpft ist. Im Gegenteil findet man bei Organen von der-
selben Funktion bei der einen Tierklasse dissoziierte, bei der
anderen nicht dissoziierte Kerne. Ein Beispiel hierfür bietet sich
in den Spermien. Diese enthalten bei den Säugetieren und Vögeln
undissoziierte Kerne, bei den Fischen hingegen zeigen sie weitest-
gehende Umwandlung zu dissoziierten Kernen, nämlich die Bil-
dung der „Protamine“. Quantitativ gering ist die Umwandlung
in den Spermien des Frosches, in denen sich nur eine relativ