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Moro, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1914, 5. Abhandlung): Über den Einfluß der Molke auf das Darmepithel — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.34097#0009
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Über den Einfluß der Mofke auf das Darmepithef. (B. 5) 9
Wenn wir zur Erklärung dieser ,,Sonderstellung" eine Ver-
mutung aussprechen wollen, so ist es vor allem angezeigt, auf die
Versuchsresultate mit kindlichem Darmepithel zu rekurrieren. Der
Unterschied zwischen den Versuchen mit Darmzellen von älteren
Ikindern einerseits, Frühgeburten und Neugeborenen andererseits,
ist nämlich so auffallend, daß man dazu geneigt ist, an eine ,,Ge-
wöhnung" des menschlichen Darmepithels an die im Verlaufe der
künstlichen Ernährung in großen Mengen aufgenommene Kuh-
milch zu denken und diesen Umstand für das Ausbleiben des
differierenden Oxydationseffekts der Darmzellen von (nicht
primär ernährungsgestörten) Flaschenkindern verantwortlich zu
machen. Möglicherweise spielt dabei auch eine auf Vererbung
beruhende geringere Empfindlichkeit mit. Ähnliche Erwägungen
könnten vielieicht auch zur Erklärung der analogen Ergebnisse
in den Versuchen mit den Darmzellen vom Schwein herangezogen
werden, wenn wir die übliche Fütterung und Aufzucht der jungen
Schweine mit Abfallstoffen der Molkereiprodukte berücksichtigen.
Die geringe Empfindlichkeit der menschlichen Darmzelle
gegenüber Kuhmolke kann damit in Einklang gebracht werden,
daß die künstliche Aufzucht menschlicher Säuglinge im allgemeinen
prinzipiell leicht gelingt — jedenfalls wcsentlich leichter und sicherer
als bei den meisten bisher untersuchten Tierarten —, und sie darf
neben der relativ sehr geringen Wachstumsgeschwindigkeit des
menschlichen Säuglings als Faktor zur Klärung dieser Erfahrungs-
tatsache mit herangezogen werden. Andererseits sind die bei Früh-
geburten und bcim Neugeborenen gewonnenen Untersuchungs-
ergebnisse mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, denen die aus-
schließliche Ernährung mit Kuhmilch gerade unter diesen Um-
ständen begegnet, sehr beachtenswert.
Bei solcher Sachlage wären naturgemäß spezielle Untersuchun-
gen bei dystrophischen (chronisch ernährungsgestörten) Säug-
lingen von großem Interesse. Wir haben uns in dieser Richtung
vielfach bemüht, waren aber bisher außerstande, verwertbare
Resultate zu erhalten; und zwar waren es vor allem zwei Mo-
mente, die die Durchführbarkeit unscrer Versuche in dieser Gruppe
verhinderte: Erstens das Einwandern von Bakterien in den Dünn-
darm, und zweitens die damit wahrscheinlich ursächlich zusammen-
hängende agonale Insuffizienz der Zellen. Meist war das Zcll-
material wegen mikroskopisch nachweisbarer Bakterien von vorn-
herein gänzlichunbrauchbar. In den vereinzelten Fällen aber, wo
 
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