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Ernst, Paul; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1916, 5. Abhandlung): Julius Arnold in seinen Arbeiten: Vortrag ... — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34600#0005
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Julius Arnold in seinen Arbeiten.

(B. 5) 5

brauchte er zur Diagnose, indem er auf Grund naturwissenschaft-
licher Kenntnisse den besonderen Fall dem allgemeinen Krank-
heitsbegriff unterordnet. Die Mißachtung der Diagnose ist das
untrügliche Kennzeichen der sogen. Naturheilkunde, besser Laien-
medizin genannt. Die Medizin hat also einen Januskopf, dessen
wissenschaftliches Angesicht zur Generalisation gewendet ist und
dessen praktisches Antlitz die Individualisation ins Auge faßt.
Das ist unser Standpunkt. Das ist der Richterstuhl und die Warte,
von denen aus wissenschaftliche Ergebnisse der Pathologie beur-
teilt und bewertet werden müssen.
Die ersten Arbeiten Jumus ARNOLDS stehen unter dem Einfluß
seines Vaters, des berühmten Anatomen, der über Zelle und Gewebe
ganz selbständige Ansichten vertrat. Sie beschäftigen sich mit
dem feineren Bau der Bindehaut, der Hornhaut und dem Greisen-
hogen, mit den Nervenendigungen in dieser Bindehaut und der
Regenbogenhaut. Er stellt die Belegzellen der Lungenbläschen
durch Versilberung ihrer Zellgrenzen dar und zeigt, daß dieser
Zellbelag nicht kontinuierlich ist, sondern in den Maschenräumen
des Blutkapillarnetzes liegt, eine Einrichtung, die dem Gasaus-
tausch besonders förderlich ist. Er beschreibt eigentümliche
nervöse Glockenapparate und Spiralfasern in der Lunge und im
sympathischen Nervensystem des Frosches. Dann wendet er sich
der Steiß- und der Carotisdrüse zu und zeigt durch Injektionen
die Gefäßnatur dieser viel umstrittenen Gebilde im Gegensatz
zu LuscHKA, der sie als Nervendrüsen bezeichnet hatte. Er nennt
sie wegen der Ähnlichkeit mit den Gefäßknäueln der Niere denn
auch glomeruli arteriosi und bahnt damit den Weg zu der heu-
tigen Auffassung dieser Gebilde als Werkzeuge innerer Sekre-
tion, ohne freilich diesen Ausdruck schon zu brauchen. Dann
zieht ihn die Nebenniere an, ebenfalls ein drüsiges Organ ohne
Ausführungsgänge, also mit innerer Sekretion, schildert den
Gegensatz zwischen den Gefäßnetzen und Pfeilern und den dazwi-
schen eingestreuten Parenchyminseln so, daß dem heutigen Leser
der Schluß auf eine innere Sekretion auf der Zunge schwebt, ein
Begriff, der sich indessen erst viel später, Anfang der 80er Jahre,
eingebürgert hat.
Mit der äußeren Stellung und dem neuen Beobachtungsfeld
ändern die Arbeiten ihren Charakter, verlassen mehr und mehr
das Gebiet der normalen Gewebelehre und wenden sich patholo-
gischen Fragen zu. Wie sein Vater die Abtrennung der Physio-
 
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