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Ernst, Paul; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1916, 5. Abhandlung): Julius Arnold in seinen Arbeiten: Vortrag ... — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34600#0008
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8 (B.5)

P. ERNST:

bildung durch den einwachsenden Tumor unterdrückt worden
sei. Wir nennen das heute die Bestimmung des teratogenetischen
Terminationspunktes. Ein anderer Fall von zusammengesetztem
Lipom, das aus Fettgewebe, Knorpel, Muskelfasern, feinkörnigen
Protoplasmamassen, weichem Gliagewebe bestand und ebenfalls
in die Schädelhöhle eingebrochen war, bestärkt ihn in der Über-
zeugung, daß diese Geschwulst nicht Teile eines zweiten Fetus,
also nicht nach der Formel Fetus in Fetu oder Intrafoetation zu
erklären, sondern das Produkt der abnormen Entwicklung eines
einfachen Keimes sei. Nachdem freilich die ÄRNOLDschen Fälle
durch v. RECKLINGHAUSEN als Hydrencephalocele (Hirnbrüche)
gedeutet worden waren, hat ARNOLD bei einer späteren Gelegen-
heit selbst auf seiner früheren Erklärung nicht mehr bestanden,
besonders deswegen, weil sie auf der damals allgemein verbreiteten
Annahme der Omnipotenz des Bindegewebes beruhte, derzufolge
das Bindegewebe eine Art primitiven Keimgewebes darstellen
sollte, aus dem sich die verschiedensten Gewebearten sollten diffe-
renzieren können. Diese Vorstellung war aber inzwischen ver-
lassen und man näherte sich immer mehr dem Standpunkt, den wir
heute einnehmen, daß reife Gewebe, die ihre embryonale Ent-
wicklung durchlaufen haben, keine Umprägung in anders geartete
mehr erfahren können, sondern ihrer Eigenart treu bleiben und
sowohl nur ihres gleichen bilden als aus ihresgleichen hervorgehen
können, eine Auffassung, der die VmcHowsche Formel omnis
cellula e cellula nicht mehr genügte, sondern die nun forderte:
omnis cellula e cellula ejusdem generis. Daraus folgt aber, daß
solche wunderbar zusammengesetzten Teratome von Anlagen abzu-
leiten sind, die die Befugnis zur Bildung und Entwicklung so
vielgestaltiger Formen in sich tragen, von Keimen, die aus ihrem
Zusammenhang ausgeschaltet, oder gar versprengt sind, und eine
verspätete Entwicklung im Sinne ihrer Differenzierungsrichtung,
ihrer Anlage gemäß erfahren. Je weniger differenziert, je unreifer
der Komplex zur Zeit seiner Ausschaltung war, umso reicher und
mannigfaltiger wird seine spätere Zusammensetzung sein. Je
bunter der Aufbau der Teratome, in umso frühere Zeit ist die Aus-
schaltung seines Ursprungskeimes zu verlegen, sein teratogeneti-
scher Terminationspunkt. Einfacher gebaute Teratome folgen
wenigstens ihrem regionären Charakter, spiegeln in ihrem Bau die
Entwicklungsgeschichte der betreffenden Region wieder, erzählen
gleichsam ihre Lokalgeschichte und enthüllen den genius loci.
 
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