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Drüner, Leo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1919, 5. Abhandlung): Die Anwendung der Stereoskopie bei der Darstellung anatomischer und chirurgischer Objekte — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.36557#0004
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4 (B.5)

L. DRÜNER:

Aber auch dann behält die Arbeit an der Leiche für ihn Schwie-
rigkeiten genug. Bald ist es die örtliche Entfernung des anato-
mischen Institutes oder des Leichenhauses, bald die von der
eigentlichen Berufsarbeit bleibende zu kurze Spanne Zeit, oft
auch das Fehlen des Hilfspersonals, was es verhindert, eine Leiche
auszunützen. Und wenn alle diese Dinge passen, fehlt es wieder
an dem nötigen Material. Anatomische Arbeiten erfordern nun
einmal Zeit und Muße, um so mehr, je weniger sie sich an bestimmte
ausgetretene Wege halten, neuen Fragen nachgehen.
Ausgenommen unter ganz besonders günstigen Nebenumstän-
den, wie am Orte einer Llniversität, wird daher die anatomische
Arbeit an erwachsenen Leichen meist scheitern oder doch sich in
engen Grenzen halten müssen.
Anders aber ist es mit der Arbeit an Feten. Solche stehen
dem Arzte meist in größerer Zahl zur Verfügung, oder er kann
sie leicht von anderen erlangen, wenn er nicht selbst als Geburts-
helfer tätig ist. Namentlich an solchen vom 4. bis 7. Monat fehlt
es leider — nie. Daß er gerade in diesen ein ausgezeichnetes
Material für topographisch anatomische Studien zur Hand hat,
ist nur wenigen bekannt und wird kaum von einem ausgenützt.
Zwar sind die anatomischen Verhältnisse zum Teil noch
andere wie beim Erwachsenen und beim ausgetragenen Finde.
Aber alle, die hierfür in Betracht kommenden Körperteile,
wie das Herz, das Ohr usw. sind für topographisch anatomische
Studien des Chirurgen viel weniger wichtig. Der welcher sie vor-
nimmt, wird auch hier außer der Fülle wichtiger und interes-
santer embryologischer Tatsachen eine reiche topographisch ana-
tomische Ausbeute mitbringen, auch wenn er ohne die ausgetragene
und erwachsene Leiche nicht ganz auskommt . Aber in den meisten
Körpergegenden ist vom 4. Monat an der Fetus schon fertig oder
im wesentlichen liegt doch alles ebenso wie beim Erwachsenen.
Ob für den gewollten Zweck ein Fet des 4., 5., 6. oder 7. Monats
sich besser eignet, ist in erster Linie eine technische Frage. Für
Nervenpräparate ist der 4. bis 5. Monat in mancher Dichtung
vorzuziehen. Bänder, Fascien, Venen und die Organe des Lymph-
gefäßsystems kommen besser bei Feten im 6. oder 7. Monat heraus.
Auch dabei gibt es wissenswerte Einzelheiten, in erster Linie für
den Anatomen und Embryologen. Hier kommt es aber auf das
an, was der Chirurg braucht, und das sind nicht die Unterschiede,
sondern das, was mit den fertigen Verhältnissen übereinstimmt
 
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