Metadaten

Bütschli, Otto; Kossel, A. [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1920, 1. Abhandlung): Das Lebenswerk Otto Bütschlis: eigene Aufzeichnungen des Verstorbenen — Heidelberg, 1920

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41198#0013
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Otto Bütschli hatte die Absicht am 3. Mai 1918, seinem 70. Geburts-
tage, vor Freunden, Kollegen und Schülern seinen wissenschaftlichen Werde-
gang und sein Lebenswerk in einer Rede zusammenzufassen. Dieser Plan wurde
nicht ausgeführt. Das Manuskript, ein wertvolles Dokument zur Geschichte
der Biologie, befindet sich im Besitze von Frl. C. Hamburger; es wurde ohne
Titel hinterlassen.
Auf dem recht langen Wege, den ich seit Beginn meiner
Studienjahre, die ja sehr frühzeitig begannen, zurückgelegt habe,
hat es mir wahrlich nicht an Anerkennung und Feiern gefehlt.
Ja ich darf sagen, daß mich dieselben manchmal etwas bedrückten.
Denn es ist ja kein wirkliches Verdienst, was uns befähigt etwas
Tüchtiges hervorzubringen; vielmehr sind unsere Talente und
Befähigungen uns angeboren. Auch den unerläßlichen Fleiß zur
Erreichung höherer Ziele, sowie den Gesamtcharakter geben wir
uns nicht selbst und derart wird also das Verdienstliche, welches
wir in andern feiern, eigentlich zu einer Feier dessen, was sie für
uns und die Fortschritte der Menschheit überhaupt geleistet haben,
nicht aber ihrer Persönlichkeiten, die ja tun mußten, was ihnen
zugeteilt war. — Wie bemerkt, fand ich mein Streben und Wirken
frühzeitig und reichlich belohnt: Schon mit 30 Jahren an diese
Stätte meines Lehrens und Forschens berufen, haben mir die Ver-
ehrung und Dankbarkeit meiner Schüler und Schülerinnen schon
bei meinem 25 jährigen Doktorjubiläum 1892, bei meiner 25jährigen
Dozentenfeier 1903, dann an meinem 60jährigen Geburtstag 1908
und endlich bei dem 50jährigen Doktorjubiläum im vergangenen
Winter so herzliche, schöne Erinnerungsfeiern bereitet, daß sie
mich in gewissem Grade beschämt haben. Es wäre also kaum
nötig erschienen auch den 70jährigen Geburtstag erneut festlich
zu begehen, um so mehr als die tiefe Zerrissenheit und sagen wir
es ruhig, die sich selbst zerfleischende Torheit der Menschheit
die dazu nötige Stimmung gewiß nicht begünstigt. Aber da die
völlige Ablehnung eines solchen Festes andern eine Freude, auf
die sie lange gehofft, geraubt hätte, so konnte ich mich derselben
nicht völlig entziehen.
Wenn man auf 70 Jahre eines arbeitsreichen Lebens zurück-
schaut und weiß, daß der „schönen Gewohnheit des Daseins und

i*
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften