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F. von Duhn:
möchte man, angesichts cler Zähigkeit der örtlichen Tradition in
Süditalien, nicht unbeachtet lassen. Anf hohem Unterbau, nach
Art hellenistischer und römischer Tempel sich erhebend, hätte als-
dann der Tempel in ähnlicher Weise das Forum Neapels beherrsc-ht,
wie der Iupitertempel dasjenige Pompejis. Freilich ist von den
Säulenhallen, welche nach Statius 6 die Agora und andere Plätze
Neapels schmückten, jetzt nichts mehr da. Aber hinter dem Tempel
bezeugen sichere Reste und frühere Überlieferungen aller Art den
Platz der beiden Theater der Stadt, des offnen und des bedeckten,
die hier, ebenso wie in Pompeji, Catania, Athen, Ephesos, Amanos
und anderen Städten, nach des Statius Zeugnis dicht nebeneinander
lagen und wiederum ein Zeichen wären, daß man sich hier dem
Mittelpunkt der Stadt nahe befmdet. 7
So wie auf Capassos Plan und dem Relief des Gaggini (Anm. 7)
steht freilich jetzt der Ternpel nicht mehr da. Um 800 wurde eine
dem Paulus geweihte Kirche hineingebaut, deren reiche Malereien
gerühmt werden. Diese Kirche war im 16. Jahrhundert in völligstem
Verfall, wurde damals den Theatinern übergeben, die nach langen
Verhandlungen von 1581 an einen gründlichen Um- und Erweite-
rungsbau vornahmen. Vom alten Rau blieb immerhin noch viel
übrig: außer dem, was unter der Erde stecken blieb, erhielt man
die ganze Vorhalle, so wie sie bis dahin noch aufrecht gestanden
hatte, erneuerte nur die groie Freitreppe, die zum alimählich auf-
gehöhten Platz hinabführte, erweiterte dann aber nach beiden
Seiten die Gella auf etwa das Doppelte ihrer Rreite, so dai die
alte Gelia das Mittelschiff der neuen Ivirche wurde, verlängerte dies
so entstandene Langschiff um ein weiteres Drittel und iegte dann
nocli ein nach beiden Seiten beträchtlich übergreifendes Querschiff
vor, das drei Apsiden abschlossen. Was man bei ahen diesen
Arbeiten von antikem Eaumaterial verwerten konnte, das verhaute
e Silv. 111, 5. 89 ff.
7 Die ganze Gebäudegruppe, in der Mitte der Terapei, rechts das freilich
uragedreht und jedenfälls sehr restauriert gegehene Theater, links, wie ich ver-
niute, eine letzte Andeutung des Odeion, ist von Künstlern des fünfzehnten Jahr-
hunderts zur Darstellung gebrac-ht auf einem neuerdings mehrfach abgebildeten
und besprochenen Relief im Innern des Castelnuovo, das den Einzug Alfonsos
von Ai’agonien 1443 verherrlicht: Bertaux, Arch. p. I. prov. napol., XXY 1900,57.
Capasso, a. a. 0., Tav. XV, S. 82, 188 — 189. F. Burger, Francesco Laurana 1907,
Taf. 1 und Abh. 1 — 3. Burger hat das Relief mit hoher Wahrscheinlic-hkeit Do-
menico Gaggini und einem seiner Schüler zugewiesen (s. einen Ausschnitt aus
dem Relief unten S. 19, Fig. 8, nach Capasso).
F. von Duhn:
möchte man, angesichts cler Zähigkeit der örtlichen Tradition in
Süditalien, nicht unbeachtet lassen. Anf hohem Unterbau, nach
Art hellenistischer und römischer Tempel sich erhebend, hätte als-
dann der Tempel in ähnlicher Weise das Forum Neapels beherrsc-ht,
wie der Iupitertempel dasjenige Pompejis. Freilich ist von den
Säulenhallen, welche nach Statius 6 die Agora und andere Plätze
Neapels schmückten, jetzt nichts mehr da. Aber hinter dem Tempel
bezeugen sichere Reste und frühere Überlieferungen aller Art den
Platz der beiden Theater der Stadt, des offnen und des bedeckten,
die hier, ebenso wie in Pompeji, Catania, Athen, Ephesos, Amanos
und anderen Städten, nach des Statius Zeugnis dicht nebeneinander
lagen und wiederum ein Zeichen wären, daß man sich hier dem
Mittelpunkt der Stadt nahe befmdet. 7
So wie auf Capassos Plan und dem Relief des Gaggini (Anm. 7)
steht freilich jetzt der Ternpel nicht mehr da. Um 800 wurde eine
dem Paulus geweihte Kirche hineingebaut, deren reiche Malereien
gerühmt werden. Diese Kirche war im 16. Jahrhundert in völligstem
Verfall, wurde damals den Theatinern übergeben, die nach langen
Verhandlungen von 1581 an einen gründlichen Um- und Erweite-
rungsbau vornahmen. Vom alten Rau blieb immerhin noch viel
übrig: außer dem, was unter der Erde stecken blieb, erhielt man
die ganze Vorhalle, so wie sie bis dahin noch aufrecht gestanden
hatte, erneuerte nur die groie Freitreppe, die zum alimählich auf-
gehöhten Platz hinabführte, erweiterte dann aber nach beiden
Seiten die Gella auf etwa das Doppelte ihrer Rreite, so dai die
alte Gelia das Mittelschiff der neuen Ivirche wurde, verlängerte dies
so entstandene Langschiff um ein weiteres Drittel und iegte dann
nocli ein nach beiden Seiten beträchtlich übergreifendes Querschiff
vor, das drei Apsiden abschlossen. Was man bei ahen diesen
Arbeiten von antikem Eaumaterial verwerten konnte, das verhaute
e Silv. 111, 5. 89 ff.
7 Die ganze Gebäudegruppe, in der Mitte der Terapei, rechts das freilich
uragedreht und jedenfälls sehr restauriert gegehene Theater, links, wie ich ver-
niute, eine letzte Andeutung des Odeion, ist von Künstlern des fünfzehnten Jahr-
hunderts zur Darstellung gebrac-ht auf einem neuerdings mehrfach abgebildeten
und besprochenen Relief im Innern des Castelnuovo, das den Einzug Alfonsos
von Ai’agonien 1443 verherrlicht: Bertaux, Arch. p. I. prov. napol., XXY 1900,57.
Capasso, a. a. 0., Tav. XV, S. 82, 188 — 189. F. Burger, Francesco Laurana 1907,
Taf. 1 und Abh. 1 — 3. Burger hat das Relief mit hoher Wahrscheinlic-hkeit Do-
menico Gaggini und einem seiner Schüler zugewiesen (s. einen Ausschnitt aus
dem Relief unten S. 19, Fig. 8, nach Capasso).