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Bartholomae, Christian; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 11. Abhandlung): Über ein sasanidisches Rechtsbuch — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.32157#0006
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6

Chr. Bartholomae.

Die heutigen Parsen begreifen unter einer CaJcarehe clie Ehe;
die zur Wiederverheiratung einer Witwe führt; vgl. Klbukbr ZA. 3.
230; Justi Bd. 119; NB. 334; Spibgel EA. 3. 678; Houtum-Schindler
ZDMG. 36. 87; West SBE. 5. 143, 18. 185. Das deckt sich nicht
5 rait dem, was man nach dem Wortlaut der MhD.-Stelle in sasanidi-
scher Zeit darunter verstanden liat. Auch sonst ist mir aus mittel-
iranischen Texten keine Stelle mit cakar bekannt, die die Cakarehe
gerade auf eine Witwe bezöge. * 1 Freilich ließe sich ja behaupten, man
habe sich die seitens des Ehemanns erteilte Ermächtigung, von der
io MhD. 3. 10 die Bede ist; als eine letztwillige Yerfügung zu denken,
und es habe der Satz; daß die Ehe unter den angegebenen Umständen
als eine gelöste nicht zu betrachten sei, nicht rechtliche; sondern
religiöse Bedeutung; er sei mit der Lehre der Riväyats 2 zu verknüpfen;
wonach eine Cakarüau cin any case; belongs to the first husband in
15 the other world 3 (West SBE. 5. 143). Allein die übrigen Sätze unseres
Abschnitts und überhaupt des ganzen Buchs beziehen sich alle klar
und ausschließlich auf die wirklichen Yerhältnisse des Diesseits, so
daß sich eine solche Auslegung schon darum verbietet. Ich halte es
aber nicht fitr ausgeschlossen; daß die heutige Fassung des Begriffs
20 der Cakarehe auf eine theologische Zurechtlegung der alten Bestim-
mung in dem angegebenen Sinn zurückgehfi die durch den Wechsel
in Sitte und Anschauung geboten schien. Es ist bezeiclmend, daß in
dem apokryphen Pahlaviwerk des vorigen Jahrhunderts; dem Vicar-
kart i äemk 3 (Vd.); die Cakarfrau (hier cakar zan genannt) des
25 Propheten Zara-Hustra zur Witwe gemacht wird; deren erster Ehe-
mann Mihrayär geheißen habe; Vd. 22. 8 f. 4 Die Stelle des Bunda-
hisn, an die sich der Verfasser des Vd. bei seinen Mitteilungen iiber
die Familienverhältnisse ZaraHustras anlehnt; GrBd. 235. 15; Bd.
80. 1 ff. = 32. 6 f. weiß davon nichts. 5 Fiir den Verfasser des Bunda-

11 1 Ich verzeichne noch folgende Stellen: MhD. 32. 3, 15, 17, 48. 3, 5. N. 7.

27, 28, 13. 14. 15, Sn. 10. 21, 12. 14, Dd. 56. 7 (Cod. Havn. Zend. 35, Fol.

l v£ v, Z. 4), Bd. 80. 1, 4 (= 32. 6, 7, GrBd. 235. 15, 236. 2). Dk. 492. 5.

2 D. i. Sammlungen der anf die Religion bezüglichen Überlieferungen, in
neupersischer Sprache und nicht über die letzten Jahrzehnte des fünfzehnten
Jahrhunderts zurückgehend; s. West GlrPli. 1 b. 125 ff. mit Rosenberg Notice
de Litt. Parsie (Petersburg 1909) 37 ff.

3 Vgl. MPMadan Actes du XII. Congr. intern. des Orient. (Rom) 1. 218, der den
apokryphen Charakter und die späte Entstehung des Werks unumivunden zugibt.

4 Jacksons Angabe, Zoroaster 20: .,. . the latter (Avife of Zoroaster) is said
to have been a widow“ stützt sicli eben auf diese Quelle und nur darauf.

5 deIIarlez Mitteilung, Avesta XXXI: „Ses (nämlich des Zarad-ustra)
trois epouses sont nonnnees Cagar, Padokhsha et Hvovi“ beruht auf einem grim-
migen Mißverständnis der Bd.-Stelle.
 
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