Metadaten

Schoell, Fritz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 15. Abhandlung): Über zwei sich entsprechende Trilogien des Euripides: mit Bemerkungen zur Tetralogie des attischen Theaters — Heidelberg, 1910

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32161#0027
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Über zwei sich entsprechende Trilogien des Euripides.

27

Diclaskalie das hellste Gegenbild in den vom Scliieksal lange ver-
folgten, nnglücklichen und zuletzt doch unendlich glücklichen Müttern
Antiope und Hypsipyle, die in den nach ihnen betitelten Dramen
mit ihren, durch Tüchtigkeit und Glück ausgezeichneten Sohnes-
paaren die Hauptrollen spielen. 50) Das zugehörige clritte Stück
wird durch die Überlieferung nicht an die Hand gegeben. Der von
Robert a. a. 0., S. 402, geäuberte Gedanke, es sei die zweite Mela-
nippe gewesen, scheint mir selir beifallswert: doch ziemt es nicht,
clen von ihm angekündigten Ausführungen vorzugreifen. Jene beiden
Dramen aber sind, durch sonstige Hilfsmittel und Bruchstücke und
vor allem durch clie erlieblichsten neueren und neuesten Funde,
uns näher getreten als irgendeines der verlorenen Stücke; gehörte
doch auch die Antio]3e zu den glänzendsten, gefeiertsten und am
nachhaltigsten wirkenden Sc-höpfungen des Euripides. Wir be-
schränken uns auch bier auf das Allgemeinste 51), ohne Scenarium
und mit Übergehung vieler strittiger Einzelheiten.

Des Nykteus scliöne Tochter Antiope — die ihm, lange
bevor er König von Theben wurde, zur Zeit als er mit seinem
Bruder Lykos nach Tötung des Aressohnes Phlegyas geflohen war,
in Hysiai geboren ward — hatte Zeus in Satyrgestalt in einer
Grotte am Kithaeron geschwängert. Vor dem erzürnten Vater, der
ihren Erzählungen nicht traut, sie uncl sich geschändet wähnt,

50) Unbegreiflich ist, warum man immer wieder die Stelle in Aristoteles’
Poetik 14, p. 1445 a 8 zu einem dieser Stücke zwängen will: xai öv tf) "EWp ö
uiö<; xpv jarirepa dKbibövat peAAuuv dveyvujptaev. Valckenaer hatte ’Avtiött?] für
"EAAp vorgeschlagen, Hartüng cY\pnrüA.ri. Wecklein hatte früher das erstere fiir
möglich gehalten (Sitzungsber. 1878, II 2; S. 180), jetzt (s. u.) denkt er —- wenn
auch in anderem Sinne als Hartung -— an die letztere. Selbst wenn der Titel
"EAAp anzuzweifeln wäre, mit diesen Stücken hat die Stelle nichts zu tun, wie
scbon der fiir beide unpassende Singular 6 ulö^ und das nicht minder unpassende
eKÖtbövat pöAAuiv zeigt. Allein da — anders als in der geläufigen Sage ■— Helle
gelegentlich auch als Mutter eines Poseidonsolmes genannt wird, so ist gar nicht
abzusehen, warum sie in einer — wie so vieles! — uns gänzlich unbekannten
Erzählung nicht auch den Stoff eines derartigen Dramas habe abgeben können.

51) Für die vielbesprochene Antiope ist zuletzt zu erwäJmen Taccone
(in der Rivista di filologia 30 (1905), S. 62ff., 2'25ff.), der, trotz großer
Vorsicht uncl Umsicht, viel Unsicheres und manches bereits vor ihm Über-
holte gibt. Für die Hypsipyle ist, nach den grundlegenden Verdiensten von
Grenfell und Hunt und ihrem Helfer Wilamowitz, außer Robert a. a. O.,
der besonders die von der Medea vollständig abweichende Wendung der
Iasonsage beleuchtet, hier anzuführen die letzte Arbeit des hochverdienten
Philologen und Euripideers H. Weil fiRevue des etudes grecques XII (1909),
S. lff.) und Wecklein (Sitzungsber. d. Bayr. Äkad., 1909, Abhandl. 8).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften