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Schoell, Fritz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 15. Abhandlung): Über zwei sich entsprechende Trilogien des Euripides: mit Bemerkungen zur Tetralogie des attischen Theaters — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.32161#0032
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32

'Fritz Schöll:

Man denke ferner nur an die Gegensätzlichkeit im oiyujv Xoyuuv
des Brüderpaares in den Phoenissen, wo der Streit nur im Tode
beider seine Entscheidung tinden kann, mit der Auseinandersetzung
der Zwillinge in der Antiope, der am Schlusse der Fabel den vollsten
Ausgleich und die schönste Lösung findet. Allein auch a.n Ver-
bindungsfäden zwischen beiden Didaskalien fehlt es nicht: ich ver-
weise nur auf die Bezugnahme in der Fabel und in den Chören
der Hypsipyle auf die Sieben gegen Theben; und die Bindung der
Mauern Thebens durch Amphions Leier wird, wie im Schluß der
Antiope, so einerseits im Oxyrynchosfragment der Hypsipyle, an-
dererseits in den Phoenissen V. 823 f. erwähnt u. a. m.

Jedoch dies und anderes haben wir liier nicht auszuführen:
uns kam es lediglich darauf an, die Koivi] (rnöhecng — jenen an-
geblich „unglücklichsten Gedanken, der für abgetan gelten darf“
(s. o. S. 8) — an der Phoenissentrilogie in sich und im Gegensatz zu
zwei Hauptstücken der unmittelbar danach aufgeführten Didaskalie
aufzudecken.

Nur eines bleibt noch kurz hinzuzufügen. Diese Art der Be-
trachtung könnte leicht allzusehr an das alte „fabula docet“ ge-
malmen. Dabei haben wir dreierlei zu bemerken. Einmal daß eine
solche Behandlungsweise — nicht zum wenigsten auch gerade in der
Gegensätzlichkeit, der These und Antithese — durchaus in die Zeit
des Furipides paßt und in die geistige Richtung und Strömung,
in der er mitten darin- steht, als Getriebener und Treibender, als
Anreger und Angeregter. Sodann aber ist unleugbar, daß die alten
Dichter selber, nicht etwa spätere Erklärer und Jugendlehrer, diese
Auffassung offenbaren und bekennen: das zeigt ein Wort, wie wir
es aus dem Alkmeonschluß anführten und benutzten (s. o. S. 20 f.),
das zeigt die Art, wie — im Ernst und in seinen boshaften oder
auch wieder gutmütigen, wahrhaft humorvollen Scherzen — Aristo-
phanes, vor allem in den Fröschen, die Tragiker und die Tragödien
beurteilt. Endiich aber, die Hauptsache ist, daß diese Lehren nicht
einseitig und aufdringlieh gegeben werden, daß diese Haupt- und
Grundgedanken mit einer Fülle von anderen verwebt, diese Leit-
motive 56) von den vollsten Melodien umgeben und getragen werden,

treffende Änderung aA.6xuiv von Wecklein (Fleckeisens Jahrbücher, Suppl. 7,
S. 421) in der zweiten Auflage angenommen, und auch 0. I4ense hat sie
kürzlich im Stobaeus IV (1909) gebilligt.

56) Dabei meine ich „Leitmotive“ nicht in dem jetzt herrschenden
Sinne — der trotz aller Kunst der Verwendung eine Abart ist —, nicht in
 
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