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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 6. Abhandlung): Niobiden — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.32152#0006
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6

Rudolf Pagenstecher :

verdient mehr Beachtung, als ihm bisher geschenkt worden ist.
Das Nereidenmonument von Xanthos und das Mausoleum zu
Halikarnaß 12) sind die nächsten Parallelen. Zum Felsboden
unter den Füßen der Gestalten bieten die Seetiere in Xanthos
ein Beispielj wie man es sich besser nicht wünschen kann.
Iiier wie dort keineswegs ein organischer Zusammenhang mit
der Architektur des Baues, vielmehr alles untergeordnet der Idee,
hier ein felsiges Gelände, dort gar die Meeresflut darstellen
wollen. Am Mausoleum zu Halikarnaß aber sehen wir Skopas
selbst tätig, mit dem unsere Gruppe in so enger Verhindung
steht. 13) Für eine solche, die Interkolumnien ausfüllende Auf-
stellung der Statuen scheint mir noch ein Umstand zu sprechen.
Wiederum ist es Stark 14), der betont hat, daß die Römer nicht
die Wirkung der Kunstwerke dadurch beeinträchtigten, daß sie
ihnen einen dem Original oder der originellen Aufstellung nicht
entsprechenden Platz anwiesen. Die Gruppe der Niobiden aber
kann man sich eigentlich nach den Worten des Plinius 15) nur
im Hofe des Apollotempels aufgestellt denken, und dort doch wohl
zwischen. oder vor den Säulen des Umganges, wofür uns ja
Pompeji bekannte Beispiele bietet. 16) Sollten an einem ähnlichen
Muusoleum wie dem zu Halikarnaß die Florentiner Niobiden
und an einem dem Nereidenmonument entsprechenden Bau die
Gruppe des fünften Jahrhunderts gestanden haben? Zur Wür-
digung der Ivopenhagener Statuen gelangte Furtavängler durch
die Nereiden von Xanthos! 17)

Ich glaube, es spricht hier auch noch etwas anderes mit.
Bekanntlich haben sich die südrussischen Niobiden fast alle als

12) Catalogue, II, Taf. I—IV und Taf. XIV, S. 76/77. Vgl. Collignon, II,
325, Fig. 16. tiber den Anteil des Skopas zuletzt Wolters-Sieveking, Arch.
Jahrb., XXIV, 1909, S. 171 ff.

13) Ihre Teilung zwischen Praxiteles und Skopas (Ivlein, Gescli. der
griech. Kunst, II, 304f.) ist meines Erachtens ein Ausfluß der Unsicherheit
über deri Frauentypus des Skopas, den man sich gewiß immer noch zu sehr
dem pathetischen Stil der tegeatischen Männerköpfe ähnlich denkt. (Anders
z. B. Furtwängler, Masterpieces, 384ff.) Für hellenistisch .(Sauer bei
Roscher, S. 418 ; Robert, Niobe) kann ich clie Clruppe nicht halten. Den
Felsboden unter den Füßen der Mädchen, den Robert als Beweis hierfür vor-
bringt, kann man schließlich auch auf Rechnung des Kopisten setzen, der
das Terrain anschaulich machen wollte.

u) A. a. 0., S. 132.

15) Stark, S. 119 und 128—130.

16) Mau, Pompeji 2, Taf. II zu S. 78.

17) M. S. B., 1902, S. 446.
 
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