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Boll, Franz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 1. Abhandlung): Griechische Kalender: 2. Der Kalender der Quintilier und die Überlieferung der Geoponica — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32163#0036
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Franz Boll:

28

ein solcher Kalender wie in Q besonders gut sich denken ließe:
und aus Berytus stammt Anatolius, in dessen Werk, wie nach-
gewiesen, Q stancl. In den Inschriften von Berytus konnte ich
ebensowenig wie in denen von Alexandreia Troas ein kalendarisches
Datum finden.

Der Kalender beginnt in Q wie bei Aetios mit der Frühlings-
nachtgleiche, also mit dem Xanthikos (20. März). So begann er
also auch schon sicher bei Anatolius, vermutlich aber schon bei
den Quintiliern selbst. 57) Erst cler Auszug in den Geoponica cles
Cassianus Bassus hat den vulgären Januaranfang hereingebracht.
Im Armenier ist die ganze erste Hälfte weggelassen: die Monate
Xanthikos bis Gorpiaios fehien völlig; dagegen sincl so gut wie
alle Angaben für die andere Jahreshälfte (vom 4. Okt. bis 27. Febr.),
also was in clie Monate Hyperberetaios 58) bis Dystros fällt, erhalten.
Da die Absicht cles Kürzens natürlich nur zur Auslassung ein-
zelner Angaben, wie in G, aber nicht zum Wegfall der ganzen einen
Jahreshälfte hätte führen können, so muß ein zufäiliger oder ver-
sehentlicher Ausfall im Spiele sein. Dieser erklärt sich befriedigend,
wenn man annimmt, daß der Ivalender im griechischen Original
oder in der arabischen oder armenischen Übersetzung in zweiKo-
1 u m n e n geschrieben war, von denen die eine auf irgendeiner
Stufe der Überlieferung übersehen wurde. Und zwar muß die
erste Kolumne ausgefallen sein, wie der abrupte Anfang im Ar-
menier: „Am 6. Tag dieses Monats“ lehrt.

Zum Schluß noch ein kurzes Wort über die Art des Quintilier-
kalenders, den wir nun in vierfacher Gestalt — Q, Arm., Aetios,
Geoponica — nachgewiesen liaben. Der Typus dieses Kalenders
ist im wesentlichen, wie schon Wacihsmuth 59) angedeutet hat, der

57) Denn es ist mindestens fiir Anatolius sehr unwahrscheinlich, daß er erst
den Jahresbeginn mit dem Frühling hereingebracht haben sollte: diese syroma-
kedonischen Kalender fangen fast alle nach der Herbstnachtgleiche an (Ideler,
ebd. I, 413, 431 ff., 439), also wohl auch der von Berytus. Der Schluß von
Kubitschek, Jahresh. Österr. Arch. Inst. 8 (1905), 104, daß der 1. Dios in der
Regel das Neujahr der syrischen Städte mit makedonischem Kalender gebildet
habe, scheint nur fiir Tyrus eine festere Stiitze zu haben; allein auch wenn er
sich bestätigen vvürde, ergäbe sich fiir das Neujahr in Berytus der 1. Dios = etwa
19. Oktober, also ein Termin im Herbst, nicht im Friihling. — Über den Jahres-
beginn mit dem Eintritt der Sonne in das Zeichen des Widders vgl. Hef't I dieser
Griech. Kalender, S. 4.

5S) Nur die zwei ersten Angaben für den Hyperberetaios (Friihaufgang der
Spica und Datum der Herbstnachtgleiche) sind am Anfang ausgefallen.

59) A. a. 0., S. LXVII.
 
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