Die Anfänge des Christentums beifden ßui'gundern.
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sianismus“ oder Arianismus aus der bayerischen Heimat und der
alten gotischen Einflußsphäre an cler Donau mitgebracht haben, in
der sich Spuren desselben im 7. Jahrhundert nachweisen lassen41),
das würde von dem großen Stamme der Burgunder auch zu gelten
haben. Ich wüßte in der Tat nicht, was entscheidend dagegen
spräche, wenn man den Worten des Orosius nicht ein unverdientes
Gewicht beimißt. Bei dem gewiß primitiven Gharakter dieses Ari-
anismus, bei der vielfach bemerkbaren Toleranz der Arianer, bei der
zu vermutenden speziellen Anpassungsfähigkeit des burgundischen
Volks wird man annehmen können, daß das Verhältnis zur katho-
lischen Kirche von Anfang an cles fanatischen Gegensatzes ent-
behrte, vielleicht auch, daß hier und da sich ein wirkliches Ein-
strömen cles Katholizismus einstellte, und in cliesem abgeschwächten
Sinne mag auch Orosius sein Becht behalten oder wenigstens von
claher seine Erklärung fmden. Dem Volk aber als ganzem und
seinen Herrschern42) wird man die Ausnahmestellung schwerlich zu-
billigen dürfen. Auch die Burgunder und ihre Könige werden
wie die anderen Ostgermanen in dem Arianismus eine Stütze für
die Behauptung ihrer Eigenart Rom gegenüber gesehen haben.
Endlich, ist unsere Auffassung richtig, so würde sich auch das
oben (S. 5) berührte sprachliche Rätsel in einer Weise lösen
lassen, die die Anschauungen von Kluge und Stutz-Solmsen ver-
einigt. Jene Lehnworte würden, von clen Goten an der Donau
aufgenommen, zu den (Vandalen und) Burgunclern gedrungen sein,
dann aber in der Zeit, cla diese am Rhein sahen, ihren Weg ins
Westgermanische uncl Angelsächsische genommen haben.
Mission unter den Bayern übergegangen wird, so liegt es nahe, darin eine Be-
stätigung des Zusammenhangs zwischen beiden zu finden. Daß bei der Natur der
Quellen auch hier Fragezeichen bleiben, ist natürlich zuzugeben.
41) Vita Sadalb. 2. Hauck, S. 367 f. 370.
42) Der Trierer Grabstein des jungen Hariulf (Sohnes des Hanhavald), der
zwar protector domesticus in römischen Diensten, aber aus der regalis gens Bur-
gundionum war, trägt, gesetzt von seinem Onkel Reutilo, ganz indiff'erenten Cha-
rakter, zeigt keines der auf den frühchristlichen Inschriften geläufigen Symbole.
Das spricht zum mindesten nicht f'ür Katholizismus der burgundischen Königs-
familie. Hettner urteilte nach Mommsen, Ephem. epigr. V, 124 (1884): litteras
saeculi esse fere quinti incipientis, also gerade unserer Zeit. In seiner Edition
„Die röm. Steindenkm. des Provinzialmus. zu Trier“, 1893, Nr. 298, S. 130, iäßt er die
Zeitbestimmung weg. Über die protect. domest. siehe Mommsen, a.a. 0., S. 121 f. 647.
Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-hist. Kl. 1911. 3. Abh.
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sianismus“ oder Arianismus aus der bayerischen Heimat und der
alten gotischen Einflußsphäre an cler Donau mitgebracht haben, in
der sich Spuren desselben im 7. Jahrhundert nachweisen lassen41),
das würde von dem großen Stamme der Burgunder auch zu gelten
haben. Ich wüßte in der Tat nicht, was entscheidend dagegen
spräche, wenn man den Worten des Orosius nicht ein unverdientes
Gewicht beimißt. Bei dem gewiß primitiven Gharakter dieses Ari-
anismus, bei der vielfach bemerkbaren Toleranz der Arianer, bei der
zu vermutenden speziellen Anpassungsfähigkeit des burgundischen
Volks wird man annehmen können, daß das Verhältnis zur katho-
lischen Kirche von Anfang an cles fanatischen Gegensatzes ent-
behrte, vielleicht auch, daß hier und da sich ein wirkliches Ein-
strömen cles Katholizismus einstellte, und in cliesem abgeschwächten
Sinne mag auch Orosius sein Becht behalten oder wenigstens von
claher seine Erklärung fmden. Dem Volk aber als ganzem und
seinen Herrschern42) wird man die Ausnahmestellung schwerlich zu-
billigen dürfen. Auch die Burgunder und ihre Könige werden
wie die anderen Ostgermanen in dem Arianismus eine Stütze für
die Behauptung ihrer Eigenart Rom gegenüber gesehen haben.
Endlich, ist unsere Auffassung richtig, so würde sich auch das
oben (S. 5) berührte sprachliche Rätsel in einer Weise lösen
lassen, die die Anschauungen von Kluge und Stutz-Solmsen ver-
einigt. Jene Lehnworte würden, von clen Goten an der Donau
aufgenommen, zu den (Vandalen und) Burgunclern gedrungen sein,
dann aber in der Zeit, cla diese am Rhein sahen, ihren Weg ins
Westgermanische uncl Angelsächsische genommen haben.
Mission unter den Bayern übergegangen wird, so liegt es nahe, darin eine Be-
stätigung des Zusammenhangs zwischen beiden zu finden. Daß bei der Natur der
Quellen auch hier Fragezeichen bleiben, ist natürlich zuzugeben.
41) Vita Sadalb. 2. Hauck, S. 367 f. 370.
42) Der Trierer Grabstein des jungen Hariulf (Sohnes des Hanhavald), der
zwar protector domesticus in römischen Diensten, aber aus der regalis gens Bur-
gundionum war, trägt, gesetzt von seinem Onkel Reutilo, ganz indiff'erenten Cha-
rakter, zeigt keines der auf den frühchristlichen Inschriften geläufigen Symbole.
Das spricht zum mindesten nicht f'ür Katholizismus der burgundischen Königs-
familie. Hettner urteilte nach Mommsen, Ephem. epigr. V, 124 (1884): litteras
saeculi esse fere quinti incipientis, also gerade unserer Zeit. In seiner Edition
„Die röm. Steindenkm. des Provinzialmus. zu Trier“, 1893, Nr. 298, S. 130, iäßt er die
Zeitbestimmung weg. Über die protect. domest. siehe Mommsen, a.a. 0., S. 121 f. 647.
Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-hist. Kl. 1911. 3. Abh.
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