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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 9. Abhandlung): Eros und Psyche — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32171#0032
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Rudolf Pagenstecher :

Allerdings keine Yotivpinakes, wie man wohl angenommen
hat. 161) Das macht die ehemalige Kastenform der Monumente
unmöglich, durch welche auch der ebenfalls ausgesprochene Ge-
danke an den Schmuck von Grahdenkmälern 162) zurückgewiesen
wird. Die nächste AnaJogie bieten nach Form, Art der Ver-
zierung und Material die etruskischen Aschenkisten, doch wird
eine gleiche Verwendung durch den festen Deckel des Stückes
in Catanzaro ehensosehr wie durch die Darstellungen ausge-
schlossen. Die Form des letzterwähnten Kastens nun zeigt die
eines Altars; der Sockel ist profiliert, oben eine überspringende
Deckplatte. Um Weihaltärchen wird es sich somit h'andeln, viel-
leicht zur Aufnahme von Opfergaben Neuvermählter hestimmt
oder von Geschenken, die von der Braut der Göttin dargebracht
wurden. Möglicherweise dienten sie auch außerdem als Unter-
sätze für Weihgaben an Aphrodite. 163)

Indem wir so den Kreis abzugrenzen versucht haben, in
welchem sich die Gedanken bewegten, die diese Weihungen ent-
stehen ließen, können wir der Deutung des geflügelten Paares
näher treten. 164) Die Analogie des lokrischen Reliefs, dessen
Ähnlichkeit keine zufällige sein kann, hat uns durch Hinzufügung
des Hermes und der Peitho hereits auf den richtigen Weg ge-
wiesen, nämlich die Erkenntnis des Zieles der Göttin ermöglicht,
Dazu kommt das Tarentiner Tonkästchen, das durch seine Form
aufs engste mit unserer Szene verknüpft wird: Aphrodite eilt
zur Braut, zur Hochzeit, um ihre Geschenke, ihren Segen zu
bringen.

Leider dürfen wir bei dem Mädchen, welches hier zur Ge-
nossin des Eros ausersehen wurde, an Peitho nicht denken, denn
wenn ich auch nirgends die Flügel so stark ausgeprägt fmde wie
auf der von Petersen veröffentlichten Zeichnung 165), so lassen
doch Photographie wie Original wenigstens die Ansätze über dem
Haar des Mädchens mit Sicherheit untersch'eiden. Eine geflügelfe
Peitho aber hat die antike Kunst nicht gehildet, wenigstens wage
ich es nicht, in Verfolg der oben versuchten Darlegung über das
ältere Relief, die Vermut'ung auszusprechen, daß im Anschluß

igi) Petersen clenkt (E. V. Nachträge, S. 66; an eine oben offene arula,

162) Watzinger, Studien zur unteritalischen Vasenmalerei.

163j Auf Yotive von Bräuten kommt auch Petersen, E. V. 597/98.

164) Sie erfolgt.e hereits durch Petersen, Röm. Mitt., 1901.

166) A. a. 0., S. 78, Fig. 3.
 
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