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Schwally, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 17. Abhandlung): Beiträge zur Kenntnis des Lebens der mohammedanischen Städter, Fellachen und Beduinen im heutigen Ägypten — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32892#0015
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Mohammedanische Städter, Fellachen n. Beduinen im heutigen Ägypten. 15
Angelegenheiten mischen. Die Mahlzeiten werclen gewöhnlich nicht
gemeinsam eingenommen, sonclern cler Eheherr ißt für sich allein
ocler mit seinen Freunden, während Frau und Kinder sich mit den
Resten begnügen.
Ein mir befreundeter deutscher Arzt hatte die Frau eines Bey
lange wegen eines bösartigen Feidens behandelt und war eines
Tages mit seiner Gattin in dessen Haus eingeladen worden. Sie
folgten der Einladung und waren mit cler Ägypterin in lebhaftem
Gespräche begriffen, als cler Bey eintrat. Darauf stancl sie sofort
auf und zog sich in den äußersten Winkel des Zimmers zurück.
Erst als ihr Mann ausdrücklch dazu aufforderte, wagte sie es,
sich wieder zu den Gästen zu setzen. Aber die vorher so ge-
sprächige Frau war jetzt ganz einsilbig.
Der Verkehr der Frau mit ihren Verwandten und Freundinnen
ist bei weitem nicht so leicht und ungehindert wie bei uns. Nocli
schärfer überwacht oder beschränkt als die Besuche, welche sie
empfängt, sind ihre eigenen Ausgänge. Manche Männer rühmen
sich sogar, dafi ihre Frauen, Vögeln im Käfig gleich, ihr ganzes
Leben lang nicht auf die Straße gekommen seien. In entlegenen
Gegenden ist diese rigorose Abschließung der Frau noch verbreiteter.
In Turkestan z. B. soll es vorkommen, daß Frauen, die während
eines Erclbebens auf clie Straße flüchten, mit Gewalt in die wan-
kenden Häuser zurückgetrieben werden.
Wenn eine Frau der besseren Stände einmal das Haus ver-
läßt, so ist sie, falls es sich nicht um Gänge in die allernächste
Nachbarschaft handelt, in der Pvegel von weiblichen Verwandten des
Mannes ocler von einer Dienerin begleitet. Wer es einigermaßen er-
schwingen kann, hält für clen Harem Wagen und Pfercl.
Man darf aber nicht etwa glauben, daß die Mehrzahl cler
Frauen alle diese Einschränkungen ilirer Bewegungsfreiheit als ein
unerträgliches Joch betrachten. Im Gegenteil, sie sind stolz dar-
auf und würclen aus einem Nachlassen cler strengen eheherrlichen
Aufsicht den Schluß ziehen, daß sie iliren Männern gleich gültig
geworden sind und bald eine Nebenfrau ocler die Scheidung zu
gewärtigen haben.
Die Unselbständigkeit der Frau im eigenen Heime wird nocli
weiter befördert durch eine gewisse patriarchalische Einrichtung.
Wie schon oben (S. 5) angedeutet, sincl die mohammedanischen
Häuser gewöhnlich nicht von eirier einzigen Familie hewohnt,
sondern von mehreren, nahe verwandten Familien, z. B. den Eltern
 
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