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Gothein, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 3. Abhandlung): Rafael und der Abt Gregorio Cortese — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32878#0008
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8

Eberhard Gothein:

gerötet die Wange der lieiligen, das stahlbiaue, sorgfältig mo-
dellierte Gewand dient der durchgeführten Plastik des hochauf-
gerichteten Körpers — ein monumentaies Werk siegreicher Über-
windung, der Triumph jenes Kreuzes, das die Heiiige in der
Hand hält, über das Ungeheuer, das, sehr diskret behandeit, ohne
irgend etwas von der Gestalt wegzunehmen, sich ihr zu Füßen
krümmt, während die Margarete des Louvre, eine zarte, jung-
fräuliche Gestalt mit anmutiger Unbefangenheit, ein Palmen-
blättchen in der Hand, in leichter Bewegung über das gebändigte
Untier fast schwebend hinwegschreitet.
Wer aber ist jener Abt von San Benedetto, für den eigens
Rafael das Bild gemalt hat, das, wenn auch zu seiner Werkstatt
gehörig, jedenfalls ein besonders vorzügliches Stück derselben ist?
Es war persönlicher ßesitz des Abtes; sonst hätte er es nicht
wegschenken können. Wenn in Venedig jemand Abt von San
Benedetto genannt wird, so ist damit irnmer die größte Abtei des
Veneto, San Benedetto Polironne (Padolironensis), gemeint, die
damals Bembo die erste, geehrteste und größte nächst Monte
Casino selber nannte. Abt von San Benedetto war seit 1538
Cortese. Die heilige Margarete aber ist die Schutzheilige von
Lerin neben dem Stifter des Klosters, dem h. Honorat. Nach
ihr lieißt die größte Insel der kleinen Gruppe. Es würde Rafael
ganz ähnlich sehen, daß er, wenn er einen großen Auftrag, der
ihn doch interessierte, versagen mußte, einen kleineren um
billigeren Preis wie zum Ersatz ausführte. Allerdings steht
neben der Eintragung Michiels die Jahreszahl 1528, die, wenn
sie liierher gehört, Cortese ausschließen und seinen uns unbe-
kannten Vorgänger als Besteller bezeichnen würde. Allein die
Eintragung der Zahlen ist in dem Manuskript ganz willkürlich.
Sie gehen ]jis zum Jahre 1543, in dem die letzten erfolgten, bunt
durcheinander.9) Immerhin, wir haben hier eine Zahl zu viel
wie in dem Briefe eine zu wenig für unsre Annahme; und ohne
Einblick in das Manuskript 1538 für 1528 zu setzen geht doch
nicht ohne weiteres an.
Jedenfalls blieh Cortese von der Kunstleidenschaft der Re-
naissance erfüllt. Kaum nach San Giorgio berufen, baute er
das Ivloster um. Nur lästige Prozesse hinderten ihn, bis zu seiner
Versetzung 1538 das Werk durchzuführen. Die spätere Kirch'e,

9) Hierüber die Einleitung FRIMMELS, XVII f.
 
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