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Gothein, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 5. Abhandlung): Platos Staatslehre in der Renaissance — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32880#0003
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Mit Recht hat man von jeher in dem Florentiner Platonismns
den Höhepunkt der italienischen Renaissancekultur gesehen.
Nicht als ob freilich auch nur die Phifosophie jener Tage allein
auf eine Wiederhelehung Platos gestimmt gewesen wäre! Viel-
mehr beruht die unvergleichliche Bedeutung dieser Epoche dar-
auf; daß dieser hochgespannte Idealismus, der sich das Alter-
tum wiederzuleben und weiterzuleben unterfmgj auch nicht eine
Anregung, niclit eine aus der Fiille überlieferter Formen der
antiken Kultur verlieren mochte, daß man alle Quellen, an deren
täglich sich mehrenden Zahl man sich erfreute, zu ergründen,
sie nachzubilden, mit ihnen zu wetteifern versuchte, mochte aucli
noch das Verständnis für das Werden und die allmähliche Ent-
wicklung dieser als Einheit erfaßten und verehrten griechisch-
römischen Welt mangeln. Aber gerade in den höchsten Werken
der Kunst und in den reinsten Formen der Empfmdung sieht man
die ausdrückliche oder ahnt die halbversteckte Beziehung zu
Platos Philosophie, und deshalb erblickt man in dem kurzen
Zeitraum, als die Erneuerung Platos zum Mittelpunkt der Inter-
essen des geistreichsten und schaffensfrobesten Kreises der Floren-
tiner Gesellschaft wurde, die feinste Blüte der Renaissancekultur.
Mit dieser Erneuerung Platos ist es aber diesem Zeitalter er-
gangen wie mit der Wiederbelebung des Altertuins überhaupt.
Das Ziel war stets das gleiche: die Vorbilder ganz rein zu er-
fassen und nachzubilden, wo Frühere, die doch von der Über-
legenheit des Altertums über die eigne Zeit nicht minder über-
zeugt waren, sie sich doch nur willkürlich und entstellt ange-
eignet hatten. Darum setzt die dogmatisch zu nennende Be-
wunderung, die die Renaissance den Alten spendete, doch aucli
eine Kritik voraus, zu der das Mittelalter nicht die geistige Schärfe
besaß; und diese Ivritik war noch fruchtbarer als das Dogma.
Aber oft wiegte man sich in einer Selbsttäuschung: der Bruch
mit der Vergangenheit war tatsächlich nicht so schroff, konnte
es nicht sein, wie man sich ihn vorstellte. Und auf dem wich-
tigsten Gebiete, dem der Religion, wollte man ja gar keinen

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