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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 6. Abhandlung): Die Vorgeschichte der Berufung Luthers auf den Reichstag zu Worms 1521 — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32881#0014
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Hans von Schubert :

Dabei wird der Erzbischof von Trier mit Nachdruck als (päpst-
licher) Kommissarius bezeichnet. Das war die Auffassung, die
man vom kurfürstlichen Hofe aus verbreitetes"), und hinter die
man sich verschanzte. Darauf stützte sich auch, im Einver-
ständnis mit Sachsen, der Trierer, indem er Miltitz auf sein immer
energischeres Drängen in den ersten Monaten des neuen Jahres
1520 „als darzu verordneter Richter" immer wieder vertröstete
und sich auf seine Abmachung mit Kursachsen berief: dabei
entwand er Miltitz die Hauptwaffe dadurch, daß er sich auf
die nahe Ankunft des Kaisers und die Aussicht, damit auch
den Reichstag zu erhalten, beziehen konnte.3i) Es war Friedrich
also gelungen, den rheinischen Kollegen fest an seiner Seite
zu halten. Man kann annehmen, daß es kaum geglückt wäre,
wenn nicht der eigentliche Legat, von dem Miltitz abhängig war
oder doch sein sollte, Cajetan, wie oben gesagt, mindestens
scheinbar ebenfalls auf diese Linie übergetreten wäre und dem
Trierer die Möglichkeit gelassen hätte, sich auf ihn, d. h. seinen
„mündlichen Befehl", zu berufen, auch jetzt noch, da Cajetan
nach Rom zurückgekehrt war. Man wird aus dem Schreiben
Triers an Miltitz vom 17. März sogar herauslesen können, daß
Cajetan schließlich auch mit der weit minder günstigen Wen-
dung sich zufrieden gegeben hatte 32), die die Verbindung des Ver-
hörsplanes mit dem Reichstagsgedanken in sich schloß. So
war es schließlich dahin gekommen, daß die Rollen geradezu
vertauscht waren und der sächsische Plan als der päpstliche
erschien, den man in Gehorsam gegen seine Heiligkeit loyaler-
weise ausführen müsse. In der Tat ein Meisterstück diplo-
matischer Kunst.
Das war die Situation auch noch, als die beiden Schreiben
3") So glaubte man auch in Leipzig. Mosellan an Pflug v. 6. Dez. 1519,
BöCKiNG, Hutteni ep. I, 316 f. ; KALKOFF, a. a. 0., S. 440, A. 3.
31) Vgl. die zwei Antworten Richards v. 4. Febr. u. 17. März (die richtige
Datierung KALKOFF, S. 411, A. 2) auf zwei verlorene Schreiben Miltitz' vom
11. Jan. u. 3. März, TENTZEL-CYPFUAN, I, 391 f., 389 f. Die erste Ankündigung
seines Erscheinens gab der Kaiser in dem Rundschreiben an die Kurfürsten
v. 6. Nov., s. EeicAsünysaMeya, II, 23, A. 1. Im März wollte er zu Schilf
gehen. Nur für den Fall, daß es noch wieder länger dauere, stellte der Erz-
bischof die Zitation ohne Reichstag in Aussicht.
32) So sicher wie KALKOFF, S. 425, erscheint mir das allerdings nicht.
Das „Bepstlicher Ileyligkeit zu Gehorsam" (S. 390) steht nicht im Zusammen-
hang mit dem „mündlichen Befehl", sondern gerade mit der Berufung Luthers
vor dem Zusammentritt des Reichstags („Aber nichts daminder etc.").
 
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