Metadaten

Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 6. Abhandlung): Die Vorgeschichte der Berufung Luthers auf den Reichstag zu Worms 1521 — Heidelberg, 1912

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32881#0017
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Vorgeschichte der Berufung Luthers auf den Reichstag zu Worms 1521. 17

Alle diese Erwägungen standen schon unter dem Eindruck
der Nachrichten, daß die Bulle und die neuen Nuntien, die mit
ihrer Publikation beauftragt waren, sich nun wirklich nahten.
Das tatsächliche Eintreffen hat die Sache aus dem Stadium der
Erwägungen in das der Verwirklichung geführt. Mochte der
Wichtigtuer Miltitz das ergötzliche Schauspiel bieten, daß der
alte nuntius apostolicus den neuen mächtigeren und klügeren
förmlich bekämpfte, indem er ihn schlecht machte, die Fehler
seines Auftretens und die Schwierigkeit seiner Lage denun-
zierte^), mochte der Kurfürst diesen brauchbaren Mann auch
in dieser letzten Stunde noch ausnützen, indem er Luther auf-
forderte ^^)^ sich einem neuen Gespräch mit Miltitz nicht zu ent-
ziehen, das denn auch am 12. Oktober zu Lichtenburg vor sich ging,
mochte er selbst in der Antwort, die er Aleander und Caracciolo
in Köln am 6. November gab, sich noch auf das „päpstliche
Kommissariat" des Trierers berufen^), tatsächlich fiel die ganze
Fiktion jäh in sich zusammen: Miltitz' Rolle war ausgespielt, der
Trierer erklärte dem Papst durch Aleander seinen Gehorsam^),
der Kurfürst mußte sich belehren lassen, daß das „Kommissariat"
des Subdelegaten, wenn anders es überhaupt je bestanden habe,
nun erloschen sei, da der Delegator die Sache an sich gezogen
habe.^) Neue Leute herrschten in einer neuen Situation.
Um so stärker mußte nun die andere Linie hervortreten, die
Friedrich ebenfalls von langer Hand angelegt hatte, indem er das
Schiedsgericht des Trierers auf den Reichstag verlegt hatte.
Den neuen Männern gegenüber mußten Kaiser und Reich
helfend?) In der Eingangs erwähnten Schrift habe ich darauf
aufmerksam gemacht, daß für unser Auge zuerst die Universität
Wittenberg dem Gedanken in der neuen Situation Ausdruck
verliehen habe. Ich kann den Hergang jetzt etwas mehr erhellen.
Am 3. Oktober hat Eck in Leipzig nicht nur Miltitz die Bulle
für den Kurfürsten in Abschrift eingehändigt, sondern auch an

42) Vgi. Müthz' Brief an den Kurfürsten aus Leipzig v. 3. Okt. 1520,
TENTZEL-CYPRiAN, I, 436ff. Zur Beurteitung muß man in Betracht ziehen,
daß Miltitz nun auch formell in sächsische Dienste gezogen war.
43) ENDERS, II, 491.
44) Opp. var. arg. V, 246.
45) KALKOFF, Z /. EG., XXV, 528.
43) Opp. var. arg. V, 248.
4?) Miltitz an den Kurf. v. 3. Okt., TENTZEL-CYPRiAN, I, 438.
Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, philos.-hist. KL 1912. 6. Abh. 2
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften