14
K. Hampe:
„uncl in einer zweiten Wahl einigten sich die Kardinäle auf
einen einzigen, der aber nicht ih'rem Kollegium angehörte. Als
aber die Rörner forschten, wer es sei, wollten sie seinen Namen
nicht verkünden.“ Man hat indes dieser singulären Angabe mit
Mißtrauen gegenüber gestanden; sie könne nicht richtig sein,
meint v. Westenholz 36), denn einer der beiden Erstgewählten
sei ja in der Tat schließlich' erkoren worden. Man erkennt jetzt,
daß man doch sehr vorsichtig mit einer so bestimmt auftretenden
Nachricht sein muß, selbst wenn sie nicht anderwiertig bestätigt
wird. In diesem Falle erweist sie sich als vollkommen richtig;
denn auch unser Brief spricht von „demjenigen, auf welchen
die Brüder ihre Stimmen gelenkt hatten“, und läßt zwischen
den Zeilen lesen, daß es tatsächlich ein Auswärtiger gewesen
sei, der nicht dem Kollegium angehörte; wenigstens hatten die
Römer diesen auf eine bestimmte Persönlichkeit gerichteten Ver-
dacht, und hätten sie fa.lsch geraten, so würde man sie wohl
anders belehrt haben. Leider erfahren wir nicht den Namen
dieses auswärtigen Erwählten, und zu raten, hätte keinen Zweck;
aber wenigstens über seine politische Richtung sagt uns die er-
bitterte Ablehnung durch den Senator und seine Römer genug:
es muß ein Mann gewesen sein, von dem man Versöhnung, nicht
Fortführung des Krieges erwartete. Das allein konnte der Grund
dafür sein, daß der Senator sich zu immer gräßlicheren Drohungen
verstieg, deren Verwirklichung, so ungeheuerlich sie waren, den
Ivardinälen nach allem, was sie schon erlebt hatten, kaum noch
undenkbar erscheinen konnte. Er verlangte, man solle auch
diesen Erkorenen fallen lassen und sofort einen der Anwesenden
wählen, den man nocli vom Orte des Konklave aus mit der Mitra
geschmückt dem Volke zeigen könne, sonst würde er die Leiche
.Papst Gregors IX. ausgraben und in ihre Mitte setzen lassen,
auf daß der Verwesungsgestank zugleich mit dem Übermaß von
Aufregung und Schmerz die schon halbtolen Kardinäle in kurzem
vollends zugrunde richte. In Rom aber werde man unter dem
Schutze der vorangetragenen Kreuze über die kaiserfreundlich
gesinnte Gegenpartei herfallen und sie in einem furch'tbaren Blut-
bade vernichten. Also etwa eine Vereinigung der romischen
Schreckenssynode von 897, welche die ausgegrabene Leiche des
Papstes Formosus auf dem Throne sah, mit dem Morden der
Bartholomäusnacht!
3G) S. 60, Anm. 14.
K. Hampe:
„uncl in einer zweiten Wahl einigten sich die Kardinäle auf
einen einzigen, der aber nicht ih'rem Kollegium angehörte. Als
aber die Rörner forschten, wer es sei, wollten sie seinen Namen
nicht verkünden.“ Man hat indes dieser singulären Angabe mit
Mißtrauen gegenüber gestanden; sie könne nicht richtig sein,
meint v. Westenholz 36), denn einer der beiden Erstgewählten
sei ja in der Tat schließlich' erkoren worden. Man erkennt jetzt,
daß man doch sehr vorsichtig mit einer so bestimmt auftretenden
Nachricht sein muß, selbst wenn sie nicht anderwiertig bestätigt
wird. In diesem Falle erweist sie sich als vollkommen richtig;
denn auch unser Brief spricht von „demjenigen, auf welchen
die Brüder ihre Stimmen gelenkt hatten“, und läßt zwischen
den Zeilen lesen, daß es tatsächlich ein Auswärtiger gewesen
sei, der nicht dem Kollegium angehörte; wenigstens hatten die
Römer diesen auf eine bestimmte Persönlichkeit gerichteten Ver-
dacht, und hätten sie fa.lsch geraten, so würde man sie wohl
anders belehrt haben. Leider erfahren wir nicht den Namen
dieses auswärtigen Erwählten, und zu raten, hätte keinen Zweck;
aber wenigstens über seine politische Richtung sagt uns die er-
bitterte Ablehnung durch den Senator und seine Römer genug:
es muß ein Mann gewesen sein, von dem man Versöhnung, nicht
Fortführung des Krieges erwartete. Das allein konnte der Grund
dafür sein, daß der Senator sich zu immer gräßlicheren Drohungen
verstieg, deren Verwirklichung, so ungeheuerlich sie waren, den
Ivardinälen nach allem, was sie schon erlebt hatten, kaum noch
undenkbar erscheinen konnte. Er verlangte, man solle auch
diesen Erkorenen fallen lassen und sofort einen der Anwesenden
wählen, den man nocli vom Orte des Konklave aus mit der Mitra
geschmückt dem Volke zeigen könne, sonst würde er die Leiche
.Papst Gregors IX. ausgraben und in ihre Mitte setzen lassen,
auf daß der Verwesungsgestank zugleich mit dem Übermaß von
Aufregung und Schmerz die schon halbtolen Kardinäle in kurzem
vollends zugrunde richte. In Rom aber werde man unter dem
Schutze der vorangetragenen Kreuze über die kaiserfreundlich
gesinnte Gegenpartei herfallen und sie in einem furch'tbaren Blut-
bade vernichten. Also etwa eine Vereinigung der romischen
Schreckenssynode von 897, welche die ausgegrabene Leiche des
Papstes Formosus auf dem Throne sah, mit dem Morden der
Bartholomäusnacht!
3G) S. 60, Anm. 14.