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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0012
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12

EJosef Partsch:

erwähnt die absentia domini im Tatbestande derart, daß der Ein-
druck sich aufdrängt, daß eben im Tatbestand der ediktalen Yer-
heißung und in der formula in factum concepta dieses Moment
eine Rolle spielte. Endlich scheint es nachweisbar zu sein, daß die
Kompilatoren an einigen Stellen, in denen die Klassiker ausdrück-
lich vom Ediktsfall, daß der dominus abwesend war, sprachen,
das Wort absens gestrichen haben: so bei Gaius im Ediktskommen-
tar: D. 3, 5, 21 (22): Sive hereditaria negotia sive ea quae [alicuius]
(G: absentis) essent, gerens aliquis necessario rem emerit. Ste-
phanos im Index * 1 weiß sehr wohl, daß alicuius sich auf einen absens
bezieht. Ebenso stand es wohl bei Ulpian: D. 3, 5, 11 (12): suc-
cessori absentis statt successori [eius cuius fuerunt negotia] qui
apud hostes decessit, haec actio danda est 2. Hier sah schon Momm-
sen 3, daß der klassische Text verändert sein muß. Diese Hypothese,
daß die Kompilatoren im Ediktswortlaut wie im zugehörigen
Kommentar das Wort absentis strichen, könnte eben deshalb
unglaublich erscheinen, weil in manchen Stellen die absentia des
dominus im Tatbestande erwähnt blieb. Der Einwurf wäre gleich-
wohl irrig. Im Ediktstext hat die Erwähnung der absentia für
den Klassiker einen anderen Sinn als in der justinianischen Kodifi-
kation. Für den Klassiker war das Wort ,,absentis“, wenn es im
Edikt und in der formulain factum concepta stand, für deren Anwen-
dungsgebiet festes Erfordernis zur actio aus der negotiorum gestio.
Aber daneben stand ja das bonae fidei iudicium, welches das Er-
fordernis der absentia des dominus nicht ausdrücklich nannte,
so daß die Praxis bei dem bonae fidei judicium über dieses Erfor-
dernis auf die Dauer hinweggekommen sein muß. Wenn die Compila-
toren dagegen die Erwähnung der absentia aus dem Edikte nicht
gestrichen hätten, würde für sie der Ediktswortlaut, der noch
immer die Bedeutung der Legaldefinition hatte, die absentia des
dominus zum Tatbestandsmerkmal aller Ansprüche aus der
negotiorum gestio gemacht haben. Sie konnten das Wort „absen-
tis“ nicht stehen lassen, ohne zu Unklarheiten Anlaß zu geben.
Dagegen konnte in der für Justinian historischen Notiz über die

Präzision des klassischen Juristen in der Beschreibung der Tatbestände.
Die absentia des dominus ist hier deutlich als Yoraussetzung des normalen
Klagschutzes der Ediktsrubrik de negotiis gestis aufgefaßt.

1 Schol. ad Bas. 17, 1, 21, Zach. suppl. p. 143: aTOZigTcavogevou.

2 Schrieb Gaius wohl einfach: siue hereditaria negotia siue absentis

gerens amicus necessario rem emerit? ■—- Ygl. S. 14Anm. 1. 3 Dig. ad. h. 1.
 
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