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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0036
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36

Josef Partsch:

wo es heißt, daß auch der qui aliqua necessitate urguente vel
necessitate cogente immiscuit se negotiis alienis mit der actio
aus Geschäftsführung haftet. Cujas lehrte sogar, daß immer,
wo in den Quellen die Klage gegen den curator erwähnt sei, sie
eine actio negotiorum gestorum utilis sei 1. Wlassak warf ihm
deswegen vor, er gehe bei der Behandlung dieser Frage soweit,
Dinge zu behaupten, die einfach als unwahr bezeichnet werden
müßten 2. Der Vorwurf Wlassaks würde heute kaum mehr ge-
wagt werden, seit wir wissen, daß Cujas die Digesten stets mit
dem Hinblick auf die justinianische Überarbeitung der Klassiker-
fragmente betrachtet hat 3. In den Paratitl. in Lib. V Cod. Iust.
ad tit. LVIII, die Wlassak anscheinend übersah, deutet Cujas
auch an, woher er seine Anschauung hat: von den Greci, die in
den Erläuterungen zu Cod. 5, 58, 2 (Bas. 38, 18, 2) die outAG
veyoTiopouq ysoTopouq erwähnen. Es handelt sich dort allerdings
nicht um die actio utilis cles curator. Aber die Verweisung ist
auch für unseren Fall bezeichnend. Denn in der Tat führen die
Fragmente der Kommentare, welche die justinianischen Juristen
zu den Digesten schrieben, zu ganz anderen Resultaten, als die
heute herrschende Lehre glaubt.

Wenn wir von dem oben angenommenen Ediktswortlaut aus-
gehen, ist es klar, daß gewisse Weiterbildungen der Lehre von
der negotiorum gestio, die nacli dem justinianischen Materiale
feststehen, nur im Wege analoger Formeln erfolgen konnten,
welche Fälle mit Klagschutz ausstatteten, die nicht unter das
Edikt fielen.

Diese Fälle müssen aus dem Edikt selbst abgelesen werden
können. Werden die actiones utiles negotiorum gestorum wirk-
lich an eben den Stellen nachweisbar, wo wir sie suchen, so stützt
diese Feststellung aucli die oben versuchte Rekonstruktion. Es
würde sich um folgende Fälle handeln können:

1. Weil das Edikt die Gestion des fremden Geschäftes allein
als Entstehungsgrund von Obligationen erklärt, muß es wohi
dort zum iudicium utile kommen, wo aus praktischen Bedürf-
nissen der Rechtsschutz aus der negotiorum gestio gewährt werden
soll, ohne daß wirklich ein fremdes Geschäft wahrgenommen
würde, also bei allen vereinzelten Gestionshandlungen, bei denen

1 Gomrn. in tit. 2 fam. herc. lib. X Dig. ad 1. XXIX.

2 S. 145.

3 Albertario, Zeitschr. Sav.-Stiftg. 32, 158 ff.
 
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