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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0050
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50

Josef Partsch:

kannten 1. Ab praeterea, § 4—7, folgt klassischer Kommentar
zum iudicium contrarium. In fr. 1 § 8 uncl fr. 2 liegt es
deutlich zutage, daß hier die selbständige Klage des tutor nicht
im Edikt stand und nicht immer dem tutor verliehen wurde:
hanc actionem dandam (F. 1: dandum) placet et si tutelae iudicio
non agatur: etenim nonnumquam pupillus idcirco agere tutelae
non vult, quia niliil ei debetur, immo plus in eum impensum est
quam quod ei abest [nec impediendus est tutor contrario agere].

Fr. 2 (Jul. 21. Digest). Longe magis dandum est et si ratio-
nibus distrahendis actio intendatur.

So wie der Ulpiankommentar konnte der Klassiker nicht
sprechen, wenn die actio contraria tutelae eine ediktale auf Grund
der Forderung aus der Tutel zustehende actio gewesen wäre. Denn
im Ulpiankommentar ist deutlich gesagt, daß der normale Weg
für den tutor die Geltendmachung seiner Ansprüche im iudicium
mit gegenseitiger Prästation sei, daß ferner eine nicht ediktale
auf der Praxis beruhende (dandam placet!) Formel zu geben
sei, für den Fall, daß dem tutor nicht Gelegenheit gegeben wurde,
seine Kostenrechnung im arbitrium tutelae geltend zu machen.
Erst Justinians Leute bezogen diesen Satz einfach auf die haec
actio, die neue actio tutelae contraria. Diese Tatsache springt
noch im Text heraus: bei Julian stand als Subjekt nicht liaec actio,
sondern wohl ein iudicium . . . dandum est, oder iudicium utile
dandum est. Und in der Ulpianstelle liest die Florentina in der
scriptura primaria a correctore ordinario mutata 2: hanc actionem
dandum placet. Es sieht so aus, als hätten erst Justinians Leute
das ,hanc actionem' hineingesetzt. Ist das richtig, so ist das
letzte Sätzchen, nec-—agere, ein Kompilatorenszusatz 3. Als solcher
stellt er sich dar, weil einmal contrario agere ohne vorhergehendes

1 Bisher erschien § 3 nur als unverständlicher Widerspruch zu § 2;
vg’l. Alibrandi, Bull. 2, 157 —■ opere 1, 587. Peters, Saw. 2. 32, 243 n. 3.
Solazzi, minore etä (1913), 71.

2 Mommsen (praef. vol. II p. XXXVIII, LVII.) spricht bekanntlich
dieser zweiten Hand, die den von erster Hand geschriebenen Text korrigiert,
einen hohen Wert zu, da sie viele unzweifelhafte Verbesserungen aus guter
Quelle enthalte, andererseits ist doch auch fiir diese Hand der Verdacht
selbständiger Korrekturen des überlieferten Textes nicht ausgeschlossen.
Da dieses dandum nach hanc actionem keinen Sinn hat, ist es wohl wahr-
scheinlicher, daß es ebenso im Urtext, der der Florentina zugrunde lag, stand
wie in fr. 2 das „dandum est“.

3 So schon, wie ich nachträglich sehe, Segre a. O. p. 297 n.
 
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