Studien zur Negotiorum Gestio I.
59
beiden Begriffe actio contraria und iudicium contrarium verhalten
sich nach meiner Überzeugung eben nicht anders wie überhaupt
die Entstehung der beiden Begriffe actio und iudicium, wenn
sie auf Prozeßformeln sich beziehen: der erste will vom Gesichts-
punkt der legis actio vor clem Prätor historisch erklärt sein 1, das
iudicium von dem Gesichtspunkt, daß es die Basis für das Ge-
schworenenverfahren schafft 2. Daher ist die actio contraria die-
jenige Formel, bei welcher gerade diejenige Person als Kläger
zum postulare actionem und zum edere actionem bei der
litis contestatio gelangt, welche bei der eigentlichen Muster-
formel der Beklagte ist. Das iudicium contrarium ist dagegen
eine individuelle Prozeßformel, die ihren Namen deshalb trägt,
weil auf ihr als Grundlage der Prozeß sich auch zum Urteil
gegen den Kläger entwickeln kann.
Wie das contrarium iudicium, in diesem Sinn verstanden,
für das klassische arbritrium tutelae in Geltung war, zeigt noch
ein erhaltenes responsum des Celsus, 2. Digest. (D. 4, 4, 28).
Cum minor [quam 3] quinque et viginti annis adversus eum,
cum quo tutelae egit, restituitur, non ideo tutori contrarium
tutelae iudicium restituendum est.
Der minor wird gegen die Litiskontestationswirkung des
arbitrium tutelae restituiert, damit eine neue Klage aus der
actio tutelae möglich ist. Diese Restitution führt nicht notwendig
auch zur neuen Litiskontestation über den Gegenanspruch des
tutor, der im ersten Prozesse in Gestalt des iudicium contrarium
geltend gemacht war. Auf die actio contraria der gemeinrecht-
1 Ygl. zu dieser Notwendigkeit Wlassak, Der Ursprung der römischen
Einrede (Festgabe d. Zeitschr. f. Not. und freiw. Gerichtshark. in Österreich
zum 50jähr. Doktorjub. von L. Pfaff. Wien 1910) passim; vgl. besonders die
schlagende Bemerkung zur exceptio dilatoria, p. 33 S. A. Vgl. auch
Wlassak, Zeitschr. Sav.-Stiftg. 33, 148 ff. zum ,non dabo actionem' als An-
kündigung der exceptio.
2 Iudicium ist für mich ohne Zweifel sowohl der Prozeß vor dem iudex
wie die Schriftformel. Aber richtig ist, daß das Wort nur deswegen diesen
Begriff erlangt hat, weil in der Schriftformel die Art des Gerichts und die
prozessuale Fragestellung für dieses enthalten sind. Insofern haben die
Ausführungen von Kübler, Zeitschr. Sav.-St. 16, 140—172 ihre Berechti-
gung. Erwiesen wird die Tatsache, daß man im 2. Jahrh. a. C. gerade diese
Auffassung noch in vollem Bewußtsein hatte durch die Übersetzung von
iudicium durch xqlt^qlov, Gericht. Vgl. Inschr. v. Magnesia n. 93 (Ditt.
Syli. 928) iin. 13; vgl. ebendort 1. 16 f. das iudicium dare in ea verba.
3 Trib.
59
beiden Begriffe actio contraria und iudicium contrarium verhalten
sich nach meiner Überzeugung eben nicht anders wie überhaupt
die Entstehung der beiden Begriffe actio und iudicium, wenn
sie auf Prozeßformeln sich beziehen: der erste will vom Gesichts-
punkt der legis actio vor clem Prätor historisch erklärt sein 1, das
iudicium von dem Gesichtspunkt, daß es die Basis für das Ge-
schworenenverfahren schafft 2. Daher ist die actio contraria die-
jenige Formel, bei welcher gerade diejenige Person als Kläger
zum postulare actionem und zum edere actionem bei der
litis contestatio gelangt, welche bei der eigentlichen Muster-
formel der Beklagte ist. Das iudicium contrarium ist dagegen
eine individuelle Prozeßformel, die ihren Namen deshalb trägt,
weil auf ihr als Grundlage der Prozeß sich auch zum Urteil
gegen den Kläger entwickeln kann.
Wie das contrarium iudicium, in diesem Sinn verstanden,
für das klassische arbritrium tutelae in Geltung war, zeigt noch
ein erhaltenes responsum des Celsus, 2. Digest. (D. 4, 4, 28).
Cum minor [quam 3] quinque et viginti annis adversus eum,
cum quo tutelae egit, restituitur, non ideo tutori contrarium
tutelae iudicium restituendum est.
Der minor wird gegen die Litiskontestationswirkung des
arbitrium tutelae restituiert, damit eine neue Klage aus der
actio tutelae möglich ist. Diese Restitution führt nicht notwendig
auch zur neuen Litiskontestation über den Gegenanspruch des
tutor, der im ersten Prozesse in Gestalt des iudicium contrarium
geltend gemacht war. Auf die actio contraria der gemeinrecht-
1 Ygl. zu dieser Notwendigkeit Wlassak, Der Ursprung der römischen
Einrede (Festgabe d. Zeitschr. f. Not. und freiw. Gerichtshark. in Österreich
zum 50jähr. Doktorjub. von L. Pfaff. Wien 1910) passim; vgl. besonders die
schlagende Bemerkung zur exceptio dilatoria, p. 33 S. A. Vgl. auch
Wlassak, Zeitschr. Sav.-Stiftg. 33, 148 ff. zum ,non dabo actionem' als An-
kündigung der exceptio.
2 Iudicium ist für mich ohne Zweifel sowohl der Prozeß vor dem iudex
wie die Schriftformel. Aber richtig ist, daß das Wort nur deswegen diesen
Begriff erlangt hat, weil in der Schriftformel die Art des Gerichts und die
prozessuale Fragestellung für dieses enthalten sind. Insofern haben die
Ausführungen von Kübler, Zeitschr. Sav.-St. 16, 140—172 ihre Berechti-
gung. Erwiesen wird die Tatsache, daß man im 2. Jahrh. a. C. gerade diese
Auffassung noch in vollem Bewußtsein hatte durch die Übersetzung von
iudicium durch xqlt^qlov, Gericht. Vgl. Inschr. v. Magnesia n. 93 (Ditt.
Syli. 928) iin. 13; vgl. ebendort 1. 16 f. das iudicium dare in ea verba.
3 Trib.