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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0062
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62

Josef Partsch:

b) Der Rechtsschutz im Fall des Scheintutor.

Für den Fall, daß der Scheintutor als Vormund gehandelt
hat, ist die klassische Verwendung der analogen Klage aus der

ea res proderit debitori [quia etiam dici solet tutelae contraria actione
agendum, ut ei pupillus adversus debitores actionibus cedet]. Der letzte Satz
ist augenscheinlich interpoliert. Die Aktionenzession wird deutlich beim
Kreditmandat (D. 46, 1, 13; D. 17, 1, 27, 5, 28) durch Retention gegenüber
der actio mandati des Mandatars vom Mandanten erzwungen. Die unmittel-
bar folgende Stelle (D. 46, 3, 95, 11) stellt sicher, daß auch unser Text so
verstanden werden muß. In dem zum Vergleich herangezogenen Falle spielte
die Klage keine Rolle, sondern nur die Retention. Dann ist also auch
die actio tutelae contraria auf Aktionenzession nicht klassisches Recht.
Zwar denke ich nicht daran, daß einer actio, die nach Zahlung an den
Mandatar durch diesen zediert wurde, eine exceptio doli des debitor ent-
gegenstehen könnte, wie vielfach im Pandektenrecht gelehrt wurde (da-
gegen mit Recht Binder, Korrealoblig. 162 f.). Aber es fehlt eben bei
dem Kreditmandat doch wohl an der actio mandati directa gegen den
Kreditgeber, welche die Aktionenzession vermitteln könnte. Die Frage,
ob solche actio mandati directa des Kreditmandatars angenommen werden
kann, wird ja meist bejaht. Dafür Sokolowski, Mandatsbürgschaft 72,
74; F. Schulz, Sav.-Zeitschr. 27, 100. — Bortolucci, Studi Romanistici,
vgl. Wenger, Sav.-Zeitschr. 28, 486, ist mir nicht zugänglich. Aber wie die
Klage auf Gewährung des Ivredites D. 17, 1, 48, 2, Gai. 3, 156 —
doch wohl verneint wurde, weil der Mandatar sein eigenes Geschäft bei der
Kreditgewährung besorgte, so konnte auch der Anspruch auf Übertragung
der Rechtsfolgen aus dem Geschäft dem Mandatar nicht zustehen und wird
durch D. 17, 1, 28 keinesfalls erwiesen (anders Brinz, Pand. 2, S. 195; Borto-
lucci a. 0.; Schulz a. 0.). Wer auf den justinianischen Text D. 17, 1, 6, 4
die ultro citroque obligatio bei dem klassischen Kreditmandat gründet,
nimmt m. E. den Widerspruch nicht ernst genug, in welchem diese angebliche
Celsus-Entscheidung zu D. 17, 1, 48, 2 steht, wo Celsus ganz ebenso wie
Gaius in den Institutionen die actio mandati directa des Mandator leugnet,
da sie aus einem mandatum tua gratia entspringen müßte und dem klassi-
schen Garantievertrag bei dem mandatum credendi notwendig fremd war.
Schon weil diese actio mandati directa entfällt, kann Papinian (1. c.) nicht wohl
von der actio tutelae contraria im Vergleich gesprochen haben. Er muß ebenso,
wie er es für den curator bei der actio iudicati ausdrücklich sagt (D. 26, 7,
25, Papin. 2 resp. bei Ulp. 13 ad ed.), entschieden haben, daß der tutor gegen-
über der Klage des Mündels die Aktionenzession nur durch Retention erzwin-
gen kann. Die Interpolation tritt in D. 46, 3, 95, 10 auch dadurch hervor,
daß für ei ein vorhergehendes grammatisches Subjekt tutor fehlt, daß
plötzlich von debitores gesprochen wird, während vorher von einem
debitor die Rede war. Actionibus cedere ist hier wohl durch die folgende
gleiche Wendung bei Papinian veranlaßt. Aber es findet sich auch sonst
öfters in Interpolationen, D. 12, 4, 7 pr. D. 4, 4, 27, 1 (Kübler, voc. jur.
 
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