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Josef Partsch:
mag ein Teil Wahrheit stecken. Aber es kommt dabei zu kurz,
daß gewisse materielle Verschiedenheiten zwischen der ediktalen
negotiorum gestio und dem Falle bestehen, in denen der Schein-
tutor, cler geglaubt hat, tutor zu sein, in Haftung genommen
wird. Denn jedenfalls muß die actio neg. gestorum gegen den
qui pro tutore negotia gessit gewissen Grundsätzen unterlegen
haben, welche der Tatsache entsprechen, daß solcher gestor
nicht anders behandelt zu werden braucht als ein wirklicher
tutor. So einerseits bei der Berechnung von Zinsen für ungenützte
Kapitalien 1, andererseits für die Verpflichtung, eigene Schulden
sofort an den pupillus zu zalilen 2, endlich andererseits für die
Haftung allein für dolus resp. diligentia quam suis rebus 3. Peters
hat keinen Nachweis dafür angetreten, daß solche Behandlung
nach Tutelgrundsätzen der Klage gegen den qui pro tutore negotia
gessit dem klassischen Rechtszustand ferngelegen hätte.
Dazu kommt nun clie Überlieferung: nach der einleiten-
den Darlegung zum Begriff des qui pro tutore negotia gessit, folgt
sofort D. 27, 5, 1, 2 ein Fall, der mit proinde et anknüpft: ,,auch
wenn“ ein Unfreier als Scheintutor handelte, soll nach einem
Reskript des Septimius Severus gegen ihn das iudicium
utile zu geben sein. Das ist kaum zu verstehen, wenn man
annimmt, vorher habe das ediktale iudicium negotiorum ge-
storum gestanden. Denn warum sollte clieses dann nicht auch
bei der gestio eines Sklaven Platz greifen können ? Aber alles
wird einfach, wenn eben der voranstehende Hauptfall eben auch
das iudicium utile negotiorum gestorum betraf. Nur unter cler
Voraussetzung, daß der qui pro tutore gessit nicht mit dem iudicium
negotiorum gestorum des ediktalen Musterfalles haftet, wird
D. 47, 2, 54 (53), 3 verständlich: dort ist zuerst die actio furti
dem negotiorum gestor (qui alienis negotiis se obtulit) abgesprochen,
aber ihm eventuell, wenn er aus der negotiorum gestio haftbar
ist, Recht auf Aktionenzession bezüglich der actio furti zuerkannt.
Nachher ist dieselbe Entscheidung für den Fall gegeben, daß
jemand pro tutore negotia gerit. Das ist kaum erklärlich, wenn
auch dieser Haftende nur ein gestor im Sinne des ediktalen Normal-
falles wäre. Und ebenso haben wir eine ähnliche Entscheidung
in D. 47, 2, 86 (85); dort ist unterschieden der qui sua voluntate . . .
1 D. 26, 7, 39, 14.
2 3, 5, 34 (35), 3.
3 D. 27, 5, 4.
Josef Partsch:
mag ein Teil Wahrheit stecken. Aber es kommt dabei zu kurz,
daß gewisse materielle Verschiedenheiten zwischen der ediktalen
negotiorum gestio und dem Falle bestehen, in denen der Schein-
tutor, cler geglaubt hat, tutor zu sein, in Haftung genommen
wird. Denn jedenfalls muß die actio neg. gestorum gegen den
qui pro tutore negotia gessit gewissen Grundsätzen unterlegen
haben, welche der Tatsache entsprechen, daß solcher gestor
nicht anders behandelt zu werden braucht als ein wirklicher
tutor. So einerseits bei der Berechnung von Zinsen für ungenützte
Kapitalien 1, andererseits für die Verpflichtung, eigene Schulden
sofort an den pupillus zu zalilen 2, endlich andererseits für die
Haftung allein für dolus resp. diligentia quam suis rebus 3. Peters
hat keinen Nachweis dafür angetreten, daß solche Behandlung
nach Tutelgrundsätzen der Klage gegen den qui pro tutore negotia
gessit dem klassischen Rechtszustand ferngelegen hätte.
Dazu kommt nun clie Überlieferung: nach der einleiten-
den Darlegung zum Begriff des qui pro tutore negotia gessit, folgt
sofort D. 27, 5, 1, 2 ein Fall, der mit proinde et anknüpft: ,,auch
wenn“ ein Unfreier als Scheintutor handelte, soll nach einem
Reskript des Septimius Severus gegen ihn das iudicium
utile zu geben sein. Das ist kaum zu verstehen, wenn man
annimmt, vorher habe das ediktale iudicium negotiorum ge-
storum gestanden. Denn warum sollte clieses dann nicht auch
bei der gestio eines Sklaven Platz greifen können ? Aber alles
wird einfach, wenn eben der voranstehende Hauptfall eben auch
das iudicium utile negotiorum gestorum betraf. Nur unter cler
Voraussetzung, daß der qui pro tutore gessit nicht mit dem iudicium
negotiorum gestorum des ediktalen Musterfalles haftet, wird
D. 47, 2, 54 (53), 3 verständlich: dort ist zuerst die actio furti
dem negotiorum gestor (qui alienis negotiis se obtulit) abgesprochen,
aber ihm eventuell, wenn er aus der negotiorum gestio haftbar
ist, Recht auf Aktionenzession bezüglich der actio furti zuerkannt.
Nachher ist dieselbe Entscheidung für den Fall gegeben, daß
jemand pro tutore negotia gerit. Das ist kaum erklärlich, wenn
auch dieser Haftende nur ein gestor im Sinne des ediktalen Normal-
falles wäre. Und ebenso haben wir eine ähnliche Entscheidung
in D. 47, 2, 86 (85); dort ist unterschieden der qui sua voluntate . . .
1 D. 26, 7, 39, 14.
2 3, 5, 34 (35), 3.
3 D. 27, 5, 4.