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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0083
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Studien zur Negotiorum Gestio I.

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unklassische Tatbestände, die erst denkbar wurden, nachdem die
cura minoris den Grundsätzen über die cura prodigi unterstellt
worden war. Der klassische curator hatte keine Befugnis zur

71, 16, 1. Nach dem Edikte selbst müßte allerdings hier alles auf die Fassung
des Restitutionsdekretes angekommen sein.

Im Tatbestande, der meines Erachtens besonderer Arbeit bedarf,
hielten Mitteis (Römisches Privatrecht 1, 210, 20) und Solazzi (bull. 23, 133)
auch den Yerkauf durch die curatores für klassisch. Heute nimmt Solazzi,
minore etä p. 120 an, daß der curator selbst unklassisch und statt tutor inter-
poliert sei. —- Ich halte es doch für wahrscheinlich, da Scaevola die Fälle
im Abschnitt über die in integrum restitutio des minor besprach, daß wirk-
lich ein negotium cum minore gestum vorlag. Denn die angeblich in die
klassische Zeit zurückreichende Praxis, daß auch aus dem Vertretergeschäft
des tutor der pupillus restituiert werden könnte (Cod. 2, 24 (25), 2, 3) ist
nicht mit Sicherheit bei den Klassikern nachzuweisen, ja ich glaube, daß
der tutor in beiden interpoliert ist. D. 4, 4, 7, 8 ist in diesem Stücke arg
interpoliert, vgl. Eisele, Sav.-Zeitschr. 30, 108 ff.; Solazzi, minore etä
p. 118. Auch D. 4, 4, 47 pr. gibt hier keine Sicherheit, zumal sprachliche
Indizien der Interpolation mehrfach vorhanden sind. Mir erscheint in dem
Tatbestande von D. 4, 4, 47, 1 folgendes erheblich: der klassische Text muß
die adulescentes als mitkontrahierend erwähnt haben. Sonst kam kein
Geschäft zustande, das als gestum cum minore bezeichnet werden könnte,
und Entscheidungen, wie die des Kaisers Septimius Severus in D. 4, 4, 11, 2
oder wie das Votum des Paulus in D. 4, 4, 38 zeigen, daß es die Praxis noch
mit dem ediktalen Erfordernis, daß ein vom minor selbst vorgenommenes
Geschäft vorliegen muß, genau nahm. Diese rechtsgeschäftliche Tätigkeit
der adulescentes selbst muß von den Kompilatoren aus der Stelle hinaus-
geworfen worden sein. Eine Spur dieser Tätigkeit ist noch erkennbar: ein-
gangs müssen Seius und Sempronius genannt gewesen sein. Die Namen
sind anfangs gefallen, kommen nachher plötzlich vor.

In D. 26, 7, 32, 4 stand vielleicht im klassischen Texte (non) interposito
curatore, der alte Fall der lex Plaetoria. Denn sonst ist überhaupt die Er-
wähnung des curator im Tatbestande überflüssig, wenn man annimmt, daß
die spätere Praxis zugrunde liegt, nach welcher auch bei Mitwirkung eines
curator restituiert werden kann (Cod. 2, 24 (25), 1). Solazzi, minore etä
p. 9 n. 6 hat an dem Ausdrucke „Interposito curatore“ Anstoß genommen
und glaubt an eine Interpolation, da bei diesem interponere keine klassische
Bedeutung zuträfe: weder der Sinn der persona interposita liege hier vor,
noch sei der Ausdruck interponere für den Consens des curator üblich. Aber
mit der Negation ,,non“ könnte der Ausdruck doch sehr wohl klassisch sein.
Verdächtig bleibt ja, daß er nur hier bei den Klassikern vorkommt.

In beiden Texten würden die Byzantiner, wenn ich richtig sehe, klassische
Stellen, in denen das Selbsthandeln des adulescens erwähnt war, nach der
nachklassischen Praxis geändert haben; denn in der Spätzeit ist der minor
selbst geschäftsunfähig, und daher bedarf es, wenn er selbst handelt, gar
keiner restitutio, damit seine Rechtsakte unwirksam sein sollen. (Cod. 2,
21 [22], 3).

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