Josef Partsch:
liegt, ist heute bekannt. Als Zeichen der Zeit erscheint die ana-
chronistische Äußerung, welche Dio Gassius lange vor der Mitte des
Jahrhunderts seinem Maecenas in der Rede an Augustus lieh:
es sei frivol, niemandem seine privatrechtlichen Geschäfte vor
dem Alter von 25 Jahren zu überlassen, und dabei die Staats-
angelegenheiten auch jüngeren Leuten anzuvertrauen 1. In den
Worten ist doch wohl mindestens bezeugt, daß damals die feste
Anschauung der griechischen Reichshälfte und eine Tendenz der
hauptstädtischen Praxis dahin gingen, dem minor bis 25 Jahren
sei nur eine geminderte Geschäftsfähigkeit zuzugestehen.
Wann die Reform erfolgte, auf welchem Wege sie vorging,
ist uns im einzelnen nicht erkennbar. Das Wahrscheinlichste
ist mir, daß die Reform nicht einheitlich vor sich ging. Denn
auf der einen Seite kennt sicher noch Kaiser Diokletian den Fall,
daß der minor XXV annis ohne curator selbst Verträge schließt
uncl dagegen nur die in integrum restitutio anruft. Noch die
lex Rom. Burgundionum hetont, daß der minor selbst unter Bei-
stand der curatores administriere 2. In der lex Burgundionum ist
auch deutlich cler Antrag auf Bestellung, zu welchem allerclings
der minor dort verpflichtet ist, erwähnt. Also lebte doch in ge-
wissen Reichsteilen clas alte Recht, das den curator nur auf Antrag
bestellen ließ, weiter, und nur so ist es zu erklären, daß zahlreiche
Belege für den klassischen freiwillig erbetenen curator sich noch
bis in die justinianische Gesetzgebung liinein retten konnten 3;
eine reichsrechtliche Ausschaltung des alten Rechtszustandes
bezüglich des Antrages erfolgte also wohl nicht. Andererseits
ist es sicher, daß es unter Diokletian Reichsteile gab, in denen
der curator auch ohne Antrag verliehen wurde, so daß eine amtliclie
Fürsorge dafür bestand, daß alle Pfleglinge ihren tutor vel üurator
1 Dio Cassius 52, 20 yäg ovx aloyQÖv xal ocpaXeqöv ioxi, xä pcev
oixeta jurjöevl tcqö xavxr\C, xfjg f}lima<; ETUtQejteo'&ai, xä V örjiuöoca xac vecoxeQoap
xcoiv eyyecQc^eo&ac. Daß dieses Zeugnis nur für die Zeit des Schriftstellers
selbst beweist, wußte schon Noodt, Comment. ad Pand. 26, 5 in fine. —
Solazzi, minore etä p. 19, 234 wird meines Erachtens diesen Worten nicht
gerecht, wenn er die Anspielung des Historikers nur auf die Tatsache be-
zieht, daß der minor XXV annis die in integrum restitutio aus plaetorischen
Rechtsgrund geltend machen kann.
2 Monum. Germ. 11., sectio 1, 2, 1. 154, Titel 36 Nr. 3. (Ed. v. SALis,in
diesem Zusammenhang zuerst berufen von Peters, Sav.-Zeitschr. 32. 279).
3 Vgl. oben S. 75 Anm. 2.
liegt, ist heute bekannt. Als Zeichen der Zeit erscheint die ana-
chronistische Äußerung, welche Dio Gassius lange vor der Mitte des
Jahrhunderts seinem Maecenas in der Rede an Augustus lieh:
es sei frivol, niemandem seine privatrechtlichen Geschäfte vor
dem Alter von 25 Jahren zu überlassen, und dabei die Staats-
angelegenheiten auch jüngeren Leuten anzuvertrauen 1. In den
Worten ist doch wohl mindestens bezeugt, daß damals die feste
Anschauung der griechischen Reichshälfte und eine Tendenz der
hauptstädtischen Praxis dahin gingen, dem minor bis 25 Jahren
sei nur eine geminderte Geschäftsfähigkeit zuzugestehen.
Wann die Reform erfolgte, auf welchem Wege sie vorging,
ist uns im einzelnen nicht erkennbar. Das Wahrscheinlichste
ist mir, daß die Reform nicht einheitlich vor sich ging. Denn
auf der einen Seite kennt sicher noch Kaiser Diokletian den Fall,
daß der minor XXV annis ohne curator selbst Verträge schließt
uncl dagegen nur die in integrum restitutio anruft. Noch die
lex Rom. Burgundionum hetont, daß der minor selbst unter Bei-
stand der curatores administriere 2. In der lex Burgundionum ist
auch deutlich cler Antrag auf Bestellung, zu welchem allerclings
der minor dort verpflichtet ist, erwähnt. Also lebte doch in ge-
wissen Reichsteilen clas alte Recht, das den curator nur auf Antrag
bestellen ließ, weiter, und nur so ist es zu erklären, daß zahlreiche
Belege für den klassischen freiwillig erbetenen curator sich noch
bis in die justinianische Gesetzgebung liinein retten konnten 3;
eine reichsrechtliche Ausschaltung des alten Rechtszustandes
bezüglich des Antrages erfolgte also wohl nicht. Andererseits
ist es sicher, daß es unter Diokletian Reichsteile gab, in denen
der curator auch ohne Antrag verliehen wurde, so daß eine amtliclie
Fürsorge dafür bestand, daß alle Pfleglinge ihren tutor vel üurator
1 Dio Cassius 52, 20 yäg ovx aloyQÖv xal ocpaXeqöv ioxi, xä pcev
oixeta jurjöevl tcqö xavxr\C, xfjg f}lima<; ETUtQejteo'&ai, xä V örjiuöoca xac vecoxeQoap
xcoiv eyyecQc^eo&ac. Daß dieses Zeugnis nur für die Zeit des Schriftstellers
selbst beweist, wußte schon Noodt, Comment. ad Pand. 26, 5 in fine. —
Solazzi, minore etä p. 19, 234 wird meines Erachtens diesen Worten nicht
gerecht, wenn er die Anspielung des Historikers nur auf die Tatsache be-
zieht, daß der minor XXV annis die in integrum restitutio aus plaetorischen
Rechtsgrund geltend machen kann.
2 Monum. Germ. 11., sectio 1, 2, 1. 154, Titel 36 Nr. 3. (Ed. v. SALis,in
diesem Zusammenhang zuerst berufen von Peters, Sav.-Zeitschr. 32. 279).
3 Vgl. oben S. 75 Anm. 2.