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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0089
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Studien zur Negotiorum Gestio I.

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liatten. Mitteis hat in diesem Zusammenhange schon auf P.
Oxy. 888 hingewiesen 1; dort wird das ägyptische Präfektenedikt
des Flavius Valerius Pompejanus im Jahre 287 n. Chr. zitiert,
nach welchem die zur Vormundsbestellung kompetenten Lokal-
hehörden für Waisen, die noch keine x7]Ss[xov£<; haben, solche bestellen
sollen, da unter dem gegenwärtigen Zustande viele Geschäfte
der Waisen dadurch Aufschub erleiden, daß den Waisen tutores
vel curatores nicht zur Seite ständen. Hiermit ist die freiwillige
Erbittung des curatorwohl schlechterdings unvereinbar 2. Imwest-
gotischen Gaius folgt auch die Kuratel notwendig auf die Tutel.
Vielleicht reichte diese provinziale, vormundschaftliche, notwendig
eintretende Kuratel, schon in einzelnen Provinzen selbst in die
klassische Zeit hinein 3. Jedenfalls ist sie unter Diokletian die
Regel. Solazzi hat in seinem grundlegenden Buclie über die
minore etä diese Spuren der provinzialen Kuratel, die der reichs-
rechtlichen Minorenkuratel sehr wohl in der Entwicklung voraus-
geeilt sein kann, nicht beachtet. Er hat andererseits das Verdienst,
nachgewiesen zu haben, daß ein prätorischer curator, der viel-

1 Mitteis, Chrestomathie 329, vgl. vorher Mitteis, Sav.-Zeitschr. 29,
'396, 30, 399.

2 So auch Mitteis, Sav.-Zeitschr. 30, 399. Solazzi, minore etä p. 251.
Anders Peters, Sav.-Zeitschr. 32, 279, der es wegen der reichsrechtlichen
Zeugnisse (vgl. oben S. 75 A. 2) ablehnt, einen curator minoris ohne Antrag
des Pfleglings für möglich zu erachten.

3 Aus den Juristenschriften gibt insbesondere D. 26, 7, 33, 1 zu solcher
Vermutung Anlaß. Dort handelt es sich im vierten Buche de cognitionibus
des Callistratus, also einer Schrift, die mannigfache Beziehungen auf Ver-
hältnisse hellenistischer Provinzen verrät, um ein Reskript der Kaiser Mark
Aurel und Commodus: officium tutorum curatoribus constitutis finem accipit,
ideoque omnia negotia quae inita sunt ad fidem curatorum pertinent: idque
etiam divus Marcus cum filio suo Commodo rescripsit. Es ist ja nicht sicher,
daß wirklich im klassischen Text von der fides curatorum die Rede war
und nicht bloß gesagt war, daß die dringliche Abwicklung nach dem Ende
der Tutel auch den Tutoren zur Last fällt. Solazzi, minore etä p. 55 ff.
nimmt dieses als klassischen Text an. Aber da der sprachliche Anhalt für
die Interpolationsbehauptung fehlt, ist vielleicht der Text doch echt. Dass
die Kuratoren hier offenbar als unmittelbare Nachfolger und notwendige
Nachfolger der Tutoren behandelt werden, würde dann dem klassischen
stadtrömischen Rechtszustande bei der Minorenkuratel nicht entsprechen.

Dafür, daß der Minorenkurator in Ägypten notwendig ist und ohne
ihn der minor nicht handlungsfähig, wurde von Wenger, Stellvertretung,
134 ff. auf BGU. 705 (anno 206) hingewiesen, wo der curator des Beklagten
mit diesem zusammen ausgerufen wird, aber ebensowenig wie die Partei
selbst erscheint. Es handelt sich aber um einen curator mulieris.
 
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