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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0090
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90

Josef Partsch:

fach mit dem Minorenkurator verwechselt wird, wirklich Admini-
strationsbefugnis gehabt zu haben scheint: der curator mulieris.
Dadurch rücken die seltsamen hellenistischen Quellen, welche
den xupio^ xcd cppovTioT7]<; also tutor et curator als administrieren-
den Vertreter römischer Frauen erwähnen, in neues Licht: dieselbe
Person ist hier xupiop nach hellenistischen Sitten und <ppovTt,aY]<;
nach römischem Recht 1.

Im übrigen muß auch die Frage offen bleiben, ob nicht die
provinziale Tutel selbst in manchen Gebieten Ansätze dazu ge-
macht hat, daß echte Tutel auch nach der Pubertät weiter für die
Bevormundung des Mündels gelten konnte. In dieser Beziehung
ist ja die Bestimmung im latinischen Munizipalstatut von Sal-
pensa cap. 29 schon beobachtet, wo aüch derjenige, der niclit
pupillus ist, sich einen tutor geben lassen kann. Gerade diese Er-
scheinung warnt uns meines Erachtens vor allzu radikalen An-
schauungen über die völlige Ausschaltung des Minorenkurators
aus der Geschäftsführung. Dieser latinische tutor besaß doch
sicherlich die übliche Geschäftsführungsbefugnis des römischen
tutor. Danach scheint mir zwingend, daß der analoge stadt-
römische curator minoris im Rechtsleben unmöglich so völlig
aus der Administration ausgeschaltet gewesen sein kann, wie es
Solazzi behauptet. Aber es würde vollständig genügen, wenn
der römische curator minoris, wie wir ihn denken, als normaler
negotiorum gestor eine ähnliche Stellung neben dem adulescens
eingenommen hätte, wie jener provinziale tutor des latinischen
Munizipalstatutes. Gestions p f 1 i cht könnte der curator minoris
allerdings ebensowenig gehabt haben, wie eine amtliche Befugnis
zur Gestion.

Auch wie schnell die Reform der Minorenkuratel sich durch-
setzte, bleibt heute noch eine dunkle Frage. Solazzi ist geneigt,
erst unter Konstantin die jüngere Ivuratel völlig durchdringen
zu sehen. Das muß richtig sein, wenn wir noch unter Diokletian
finden, daß der minor, der keinen curator erbat, veräußerungs-
fähig ist (Cod. 2, 21, 3), während Konstantin schlechthin dem
minor die Veräußerungsbefugnis ohne Dekret des Magistrates
vorenthält (Cod. Th. 3, 32, 1). Solazzi hat auch sonst für die

1 Es handelt sich um die Stiftung von Gytheion, Fougart-Lebas,
Inscr. du Pelop. 243 a. Delphische Freilassung, Collin, bull. de correspon-
dence hell. 22, 132 Nr. 115 und die Urkunde P. Loncl. 2, 191 p. 264 ff. (anno
103—107).
 
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