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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0095
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Studien zur Negotiorum Gestio I.

95

d) Die Gescliäftsfülirung des in servitute gelialtenen
Freien für den Sclieineigentümer.

Wenn der bona fide serviens für den Herrn, der ihn gutgläubig als
Knecht hielt, auf dessen Auftrag Geschäfte besorgte, konnte er
anscheinend unter doppeltem rechtlichem Gesichtspunkte be-
handelt werden. Entweder man ließ die zivilrech.tlich.en Folgen
aus diesem Auftrag, der in Wahrheit einem Rechtsfähigen erteilt
war, eintreten und behandelte solche Weisung als echtes Mandat.
Das entsprach der alten Lehre des Zivilrechtes, so wie Quintus
Mucius, Masurius Sabinus und Juristen des zweiten Jahrhunderts
sie verfochten. Wie der bona fide serviens dem dominus aus
Sachbeschädigung haftet 1 — wie er durch Verbalvertrag gegen-
über dem scheinbaren Herrn sich verpflichten kann 2 — wie er als
Verkäufer 3 oder Erbe eines Manzipanten 4 dem dominus gegen-
über haftbar werden kann, wie er selbständig 5 die ihm anfallende
Erbschaft erwerben kann oder dem Ehegatten des dominus

1 D. 9, 2, 13, 1; D. 40, 12, 12, 6.

2 D. 45, 1, 118 pr.; D. 41, 1, 54, 1.

3 D. 21, 1, 23, 6.

4 D. 21, 2, 19, 1 bezieht sich nach dem Zusammenhang vielleicht auf
actio ex stipulatu aus der stipulatio duplae (Ulp. Fr. 27, 26).

5 Die Lehre des Quintus Mucius tritt noch im Satzgefüge von D. 41,
1, 54 pr. hervor (Pomp. 31, ad Qu. Muc.). Homo liber hereditatem nobis
adquirere non potest. Qui bona fides nobis servit, sibi (ins. Mommsen) ad-
quiret. Pomponius fügt augenscheinlich hinzu: si tamen sponte sua [sciens
conditionem suam] adierit: nam si iussu nostro adierit, neque sibi neque
nobis adquiret [si non habuerit animum sibi adquirendi, quod si eam
mentem habuit, sibi adquirit], Die Interpolationen sind erkannt, vgl.
Pernice, Labeo 2, 1 (2. Aufl.) p. 372 ff. Anm.; Krüger, ed. ad. h. 1.
Pernice will alles nach si tamen als Interpolation behandeln. Aber
dazu fehlt der Anlaß, da sonst gerade auch feststeht, daß im zweiten Jahr-
hundert die Antretung, die nicht sponte sua, sondern nur auf iussum des
dominus erfolgt war, im zweiten Jahrhundert unwirksam ist. (Pomp. D. 41,
1, 19 am Ende.) Nur die Worte sciens conditionem suam sind wohl inter-
polatorisch. Sie entsprechen sprachlich einem sehr weit verbreiteten Inter-
polationentypus, auf den ich demnächst noch in anderem Zusammenhange
einzugehen gedenke. Wie hart sie sachlich wirken, betonte schon Pernice
mit Recht.

Pomp. (3 ad Sabinum) D. 41, 1, 19 . . . sed Trebatius, si liber homo
bona fide serviens iussu eius cui serviet hereditatem adisset heredem ipsum
fieri nec interesse quid senserit [sed quid fecerit, gl. Mommsen], Labeo contra
si ex necessitate id fecisset: [quod si ita, ut ipse vellet ipsum fieri heredem].
Diese Interpolation, die man bis heute wohl noch nicht erkannt hat, geht
aus der in D. 41, 1, 54 pr. hervor. Der Klassiker kennt nur den Fall, daß
 
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