Studien zur Negotiorum Gestio I.
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unter dem negotium auch zeitig andere Geschäfte verstand als
diejenigen, für welche das Edikt geschaffen war.
Erst durch diese Gruppe der utiles actiones entstand prak-
tisch ein Institut der auftraglosen Geschäftsführung, das überall
dort Haftung und Ersatzanspruch bestimmte, wo ein alienum
negotium geriert war, ohne daß der gestor vom dominus negotii
selbst den Auftrag erhalten hatte. Das Rechtsinstitut, das sich
so ergab, mußte zwei Hauptveränderungen durch die Dogmatik
der Leute von Berytus und Justinians Gesetzgebung erfahren:
einerseits wurde der alte Spezialfall, der das Edikt veranlaßt hatte,
bedeutungslos: daß negotia absentis geriert waren, daß ferner
der gestor auch nicht das Mandat eines Dritten haben durfte,
um gegen den dominus klagen zu können, konnte ruhig verschwinden
und damit die praktische Bedeutung des Unterschiedes von actio
directa und actio utilis in die Rechtsgeschichte übergehen. Die
andere Veränderung hing damit zusammen, daß die Gruppe der
utiles actiones aus notwendiger Gestion. ganz ungleichartige
Fälle umfaßte. Es bestanden schon Sonderrechtssätze für den
Ersatzanspruch des Tutors, für den Anspruch gegen den Schein-
tutor; als die byzantinische Theorie dazu kam, die bei den bonae
fidei iudicia überall ultro citroque entstehende obligatio annimmt,
war es gegeben, daß die actio tutelae ebenso ihre actio contraria
erhielt wie die actiones mandati und negotiorum gestorum sie
schon längst hatten. Die actio gegen den Scheintutor wurde
danach. entsprechend gestaltet, und für die Kuratoren, die der
Tutei sachlich nahestanden, wurde wenigstens halbe Arbeit ge-
macht, indem man die actio utilis, das curationis iudicium, in eine
Verwandtschaft mit der actio tutelae brachte, ohne allerdings
ihren Charakter als actio negotiorum gestorum utilis deshalb
zu beseitigen. Weil Justinian das klassische Recht der Nego-
tiorum Gestio nicht völlig verwischt hatte, insbesondere bei der cura
und der actio tutelae contraria wie bei der actio protutelae die
alten Zusammenhänge mit der Negotiorum Gestio erkennbar
blieben, kam wohl die byzantinische Dogmatik darauf, die Nego-
tiorum Gestio zum Oberbegriff aller Klagen aus der Geschäfts-
führung zu machen (oben S. 46 A. 1.). Die Klagen aus Mandat,
Tutel, Geschäftsführung ohne Auftrag und Protutel erscheinen
als Unterfälle der allgemeinen Klage aus der Geschäftsführung.
Man versteht wie bei den byzantinischen Kommentatoren so der
alte Name der actio neg. gest. utilis für den Anspruch des cura-
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unter dem negotium auch zeitig andere Geschäfte verstand als
diejenigen, für welche das Edikt geschaffen war.
Erst durch diese Gruppe der utiles actiones entstand prak-
tisch ein Institut der auftraglosen Geschäftsführung, das überall
dort Haftung und Ersatzanspruch bestimmte, wo ein alienum
negotium geriert war, ohne daß der gestor vom dominus negotii
selbst den Auftrag erhalten hatte. Das Rechtsinstitut, das sich
so ergab, mußte zwei Hauptveränderungen durch die Dogmatik
der Leute von Berytus und Justinians Gesetzgebung erfahren:
einerseits wurde der alte Spezialfall, der das Edikt veranlaßt hatte,
bedeutungslos: daß negotia absentis geriert waren, daß ferner
der gestor auch nicht das Mandat eines Dritten haben durfte,
um gegen den dominus klagen zu können, konnte ruhig verschwinden
und damit die praktische Bedeutung des Unterschiedes von actio
directa und actio utilis in die Rechtsgeschichte übergehen. Die
andere Veränderung hing damit zusammen, daß die Gruppe der
utiles actiones aus notwendiger Gestion. ganz ungleichartige
Fälle umfaßte. Es bestanden schon Sonderrechtssätze für den
Ersatzanspruch des Tutors, für den Anspruch gegen den Schein-
tutor; als die byzantinische Theorie dazu kam, die bei den bonae
fidei iudicia überall ultro citroque entstehende obligatio annimmt,
war es gegeben, daß die actio tutelae ebenso ihre actio contraria
erhielt wie die actiones mandati und negotiorum gestorum sie
schon längst hatten. Die actio gegen den Scheintutor wurde
danach. entsprechend gestaltet, und für die Kuratoren, die der
Tutei sachlich nahestanden, wurde wenigstens halbe Arbeit ge-
macht, indem man die actio utilis, das curationis iudicium, in eine
Verwandtschaft mit der actio tutelae brachte, ohne allerdings
ihren Charakter als actio negotiorum gestorum utilis deshalb
zu beseitigen. Weil Justinian das klassische Recht der Nego-
tiorum Gestio nicht völlig verwischt hatte, insbesondere bei der cura
und der actio tutelae contraria wie bei der actio protutelae die
alten Zusammenhänge mit der Negotiorum Gestio erkennbar
blieben, kam wohl die byzantinische Dogmatik darauf, die Nego-
tiorum Gestio zum Oberbegriff aller Klagen aus der Geschäfts-
führung zu machen (oben S. 46 A. 1.). Die Klagen aus Mandat,
Tutel, Geschäftsführung ohne Auftrag und Protutel erscheinen
als Unterfälle der allgemeinen Klage aus der Geschäftsführung.
Man versteht wie bei den byzantinischen Kommentatoren so der
alte Name der actio neg. gest. utilis für den Anspruch des cura-
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